Claude Haldi, der Pirmin Zurbriggen des Motorsports (Nachruf)
29.12.2017
"Autofahren hat mit Skifahren viel gemeinsam, vor allem auf Schnee und Eis”, erklärte Claudi Haldi einst einem Zuhörer. Mit einem Simca 1000 startete er bei der "Rallye des Neiges" und wurde auf Anhieb Siebter unter 50 Teilnehmern. Diese Rallye weckte seine Lust am Motorsport. Sein Weg führte über einen Abarth Simca, Ford Cortina Lotus zum Porsche Super 90.
Mit der Freundschaft zum Porsche-Motorentuner Guido Haberthür blieb er bis auf wenige Ausnahmen den Stuttgartern treu.
Die Karriere von Claude Haldi dauerte mehr als zwei Jahrzehnte. Haldi, der ausschließlich Touren- und Sportwagenrennen bestritt, an Formelautos hatte er kein Interesse, war mit 22 Le-Mans-Starts der Schweizer mit den meisten Teilnahmen beim Langstrecken-Klassiker an der Sartre.
In den Siebzigerjahren gehörte er zu den besten Fahrern der GT-Klasse. 1970 holte er sich die Gesamtwertung der Europa-Bergmeisterschaft in der GT-Klasse auf einem Porsche 911S mit Klassensiegen in Barcelona, Cesena, Trento und Schauinsland. Im gleichen Jahr wurde Haldi auch noch Gesamtzweiter der Rallye Stuttgart-Lyon-Charbonnières. 1977 erzielte er mit Bob Wollek und John Fitzpatrick seinen einzigen Sieg in der Sportwagen-Weltmeisterschaft beim 6-Stunden-Rennen von Hockenheim.
1975 gewann er den mit 50’000 Mark dotierte Porsche-Cup-Titel gegen Teams wie Kremer und Loos, die weitaus höhere Budgets zur Verfügung hatten und setzte sich gegen insgesamt 122 Fahrer aus 16 Nationen durch. Im gleichen Jahr gewann Claude Haldi die GTX Klasse beim 24h Rennen von Le Mans auf einem Haberthür präparierten 930 Porsche Turbo zusammen mit Peter Zbinden und dem französischen Fahrer Beguin (Startnummer 20). Sie belegten mit diesem "Strassen Porsche Turbo" den 15. Gesamtrang. Jener Porsche war übrigens der 13. je gebaute 930 Turbo Porsche und gleichzeitig das offizielle Ausstellungsauto des Genfer Salons 1975, bei welchem erstmalig ein Porsche Turbo Typ 930 in der Schweiz vorgestellt wurde. Der Sieg in Le Mans in der GTX Klasse war zudem auch für die Firma Porsche das allererste Mal ein Klassensieg mit einem Turbomotor.
Auch bei Rallyes im In- und Ausland war der Lausanner erfolgreich. 1979 entschied er auf einem Porsche 930 Turbo die Schweizer Rallye-Meisterschaft für sich. Herausragend waren 1969 sein zweiter Gesamtrang mit Bernard Chenevière auf einem Porsche 911S bei den 24 Stunden von Spa und 1973 der dritte Platz bei der legendären Targa Florio auf einem Werks-Carrera RSR.
1979 wurde ihm die höchste Auszeichnung der Schweiz, die "BP-Racing-Trophy" übergeben.
Da er überall gewann, egal ob Berg, Rund, oder Rallye, war er mit Sicherheit der beste Allrounder der Schweiz, wenn nicht sogar von ganz Europa und gilt damit als Pirmin Zurbriggen des Motorsports. "Bei den Rallyes haben mich immer die Improvisation und die sich immer ändernde Strasse fasziniert, auf der Rundstrecke war es dann die notwendige Präzision und das hohe Tempo und bei den Bergrennen die extrem hohe Konzentration auf eine kurze Fahrt nach einem Start mit kalten Reifen und Bremsen."
Trotz immer wieder sehr guten Resultaten in der Langstrecken-WM, blieben ihm aber in Le Mans Top-Ten Ergebnisse bei 22 Teilnahmen von 1968-1993 versagt. Er sah insgesamt nur fünf Mal die Zielflagge und seine beste Platzierung erreichte er 1979 mit dem 11. Platz in der Gesamtwertung auf einem Porsche 935 mit den Teamkollegen H. Loewe und Rodrigo Teran. 1981 überlebt er nur mit viel Glück einen schweren Abflug, als an seinem Porsche 935 auf der Hunaudières Geraden bei 320 km/h der Heckflügel brach. "Zuerst war es nur schwarz vor meinen Augen, dann bin ich lange den Leitplanken entlang geschliffen und schliesslich hat es den Rest des Wagens einige Male gedreht. Als ich nach einer halben Ewigkeit endlich zum Stillstand kam, befand sich der Wagen in die Gegenrichtung blickend, mitten auf der Strecke. Vom Auto war nur noch das Chassis vorhanden, Karosserie und Motor wurden in tausend Einzelteile zerlegt."
Nur wenige Wochen später lag er nach einem Kartunfall bei einer Clubveranstaltung in Lyss (CH) mit offenen Brüchen an beiden Beinen für drei Monate im Spital.
Als Amateurrennfahrer, der die meisten seiner Einsätze selbst finanzierte, konnte er auch einige Werkseinsätze für Porsche bestreiten. Ihm wurde sehr schnell klar: "Es ist unglaublich, welcher Unterschied zwischen den Werkswagen und den Privatautos besteht. Erst wenn man beide gefahren ist, merkt man, dass man als Privatfahrer nie und nimmer auch nur den Hauch einer Chance hat."
Seit dem Ende seiner Rennkarriere 1993 leitete er den 1919 gegründete Familienbetrieb (Apparatebau) in Lausanne, den er auch während seiner Rennfahrerkarriere nie im Stich liess. So war der gelernte Kupferschmied Besitzer mehrerer Industriebetriebe und lange Jahre als Vizepräsident des Schweizer Automobilclubs dem Motorsport nach wie vor eng verbunden. Er kämpfte auch, so lange er gesundheitlich konnte, für die Realisierung einer Schweizer Rennstrecke im Raume Moudon.
Der am 28. November 1942 geborene Waadtländer Claude Haldi hätte sich bestimmt an der Durchführung des Formel-E Rennens in Zürich gefreut, leider aber litt er in den letzten Monaten an Alzheimer und verstarb er am 25. Dezember 2017 im Alter von 75 Jahren.