Buchs
Doch wieder ein Flirt mit dem «Zukunftsraum»

Hätten Buchs und der «Zukunftsraum Aarau» einen Beziehungsstatus, müsste der lauten: «Es ist kompliziert».

Nadja Rohner
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Einwohnerrat Reto Fischer:

Einwohnerrat Reto Fischer:

Buchs tut sich schwer mit dem «Zukunftsraum Aarau» – und kommt doch nicht davon los. Als das regionale Projekt lanciert wurde, wollte der Gemeinderat gar nichts davon wissen, trat dann aber im Herbst 2014 – in neuer Zusammensetzung – doch bei. Und zwar in erster Linie, um mögliche Wege zur verstärkten interkommunalen Zusammenarbeit zu prüfen. Ende 2015 beschloss der Gemeinderat allerdings wieder den Austritt. Dann nämlich, als die Prüfung von Möglichkeiten vertiefter Zusammenarbeit vorbei war und es fortan nur noch um Fusionsprojekte gehen sollte.

Die Bevölkerung habe in einer repräsentativen Umfrage 2014 klar gesagt, dass sie eigenständig bleiben wolle, begründete der Gemeinderat den Entscheid. Widerstand gegen den Austritt gab es keinen, jedenfalls nicht in nennenswertem Ausmass. Seither beobachtet man von aussen, was die im «Zukunftsraum» verbliebenen Gemeinden (Aarau, Suhr, Ober- und Unterentfelden sowie Densbüren) planen und diskutieren. Ein Leitbild für eine mögliche neue Kantonshauptstadt besteht schon. Der nächste Schritt: Konkrete Gemeindezusammenschlüsse auf Vor- und Nachteile prüfen.

Ein Vorstoss nach dem anderen

Doch nun, nachdem der Fusionszug den Bahnhof fast schon verlassen hat, rennen ihm einige Buchser – von links bis weit in die Mitte hinein – auf dem Perron hinterher, um noch aufzuspringen. Gleich mehrere politische Vorstösse wurden dazu in den letzten Monaten lanciert.

Zuerst war da eine Motion der SP, die bezweckte, dass der Gemeinderat dem Zukunftsraum wieder beitritt, um sich «ergebnissoffen an der weiteren Ausarbeitung eines Fusionsprozesses zu beteiligen». Der Gemeinderat wollte dies als Postulat entgegennehmen, nicht aber als Motion. Die SP hielt an der Motion fest; prompt wurde deren Überweisung vom Rat abgelehnt. Worauf Reto Fischer (parteilos) die Initiative ergriff und das Begehren in Postulatsform wieder einreichte.

Über dieses Postulat wurde am Donnerstagabend im Rat debattiert. Mit 24 Ja zu 12 Nein (dagegen waren die SVP sowie einige Freisinnige) und einer Enthaltung wurde es überwiesen. Gleichzeitig existiert noch eine Petition – von über 200 Personen unterzeichnet –, die eine Volksabstimmung über einen Wiederbeitritt zum «Zukunftsraum» fordert. Urheber ist die überparteiliche «IG Zukunftsraum Aarau». Und am Donnerstag reichten mehrere Ratsmitglieder verschiedener Parteien erneut eine Motion ein, die nun auch eine Volksabstimmung fordert.

Diese Motion wird frühestens an der nächsten Ratssitzung im Oktober behandelt. Aber eigentlich wurde am Donnerstag im Rahmen des Postulats Fischer schon deutlich für oder gegen eine Volksabstimmung votiert. Während sich die FDP nicht äusserte, stellte Wolfgang Schibler (SVP) klar, dass man aus seiner Sicht «den Anfängen wehren» sollte. «Wenn man die aktuelle Bevölkerungsumfrage anschaut, ist das Verdikt klar», sagte er.

Diese hatte gezeigt, dass nach wie vor ein grosser Teil der Bevölkerung möchte, dass Buchs eigenständig bleibt (AZ vom 21.6.). Ausserdem, so Schibler, möge man sich an die Abstimmung zur Kreisschulfusion Aarau-Buchs vom letzten Jahr erinnern, die «auch nicht geräuschlos über die Bühne gegangen» sei – in Buchs hatte das Ja-Lager nur 21 Stimmen mehr. Auf dieser Basis, so Schibler, halte er eine Beteiligung an der Fusionsanalyse für herausgeworfenes Steuergeld. Es wären etwa 106 000 Franken, die Buchs bezahlen müsste; allerdings kämen vom Kanton 25 000 Franken retour, wenn die Fusionsanalyse dem Einwohnerrat vorgelegt wird.

Eine sinnvolle Investition, fand Marius Fedeli (SP). «Es geht noch nicht um einen Entscheid für oder gegen eine Fusion, sondern darum, dass man die Pro- und Kontra-Argumente ausarbeitet.» Reto Fischer, der sein Postulat vertrat, bemühte sich, «der SVP in die Seele zu reden». Er stellte die Frage in den Raum, ob es wirklich finanziell sinnvoller sei, sich aus dem «Zukunftsraum» herauszuhalten oder ob Buchs dann gegenüber der anderen Gemeinden in der Region – sollten diese denn tatsächlich fusionieren – ins Hintertreffen gerate.

«Ich finde, das Volk soll die Möglichkeit haben, sich dazu zu äussern. Wir sind gewählt, um das Volk zu hören und zu vertreten – aber wenn wir es nicht hören, müssen wir es halt fragen.» Dem schloss sich auch Joel Blunier (EVP) namens seiner Fraktion an: «Auch wir sind der Meinung, das Volk soll letztendlich entscheiden.»

Der Gemeinderat äusserte sich nicht abschliessend zur Sache. Man werde nun eine Haltung definieren, so Ammann Urs Affolter. Näheres dazu wird wohl erst an der nächsten Ratssitzung am 18. Oktober zu erfahren sein, wenn voraussichtlich die neue Motion behandelt wird. Sollte sie überwiesen werden und sollte es eine Volksabstimmung geben, würde es sicher 2019 werden, bis klar wird, ob Buchs dem «Zukunftsraum» wieder beitreten und eine Fusion – mit wem auch immer – prüfen möchte.

Kommt Buchs zu spät?

Es stellt sich die Frage: Ist das nicht viel zu spät? «Der Prozess wurde von Beginn an so ausgestaltet, dass es anderen Gemeinden in jeder Phase offen steht, sich dem Zukunftsraum anzuschliessen», sagt dazu Projektleiter Marco Salvini (Stadtentwicklung Aarau). «Die nun anlaufende Fusionsanalyse ist grundsätzlich ein guter Zeitpunkt für einen Einstieg.

Sobald eine Anfrage der Gemeinde Buchs über die Teilnahme am Projekt vorliegt, wird die Projektsteuerung das weitere Vorgehen festlegen.» Sowohl die Teilnehmenden an den öffentlichen Veranstaltungen im Leitbildprozess als auch die Projektsteuerung hätten sich mehrmals positiv zur Teilnahme der Gemeinde Buchs am Projekt geäussert, so Salvini. Der Beschluss im Einwohnerrat Buchs vom Donnerstag «ist somit aus Sicht der bestehenden Zukunftsraumgemeinden positiv zu werten».