In Polen beginnt die «Konferenz der Willigen», die eine Allianz gegen Iran schmieden wollen

Donald Trump sucht nach Verbündeten, die seinen Sanktionskurs gegen Iran mittragen. Nichts anderes bezweckt eine Konferenz in Warschau, die sich mit einem schönen Titel schmückt und an das Jahr 2003 erinnert – als der Kontinent in ein «neues» und ein «altes» Europa unterteilt wurde.

Daniel Steinvorth
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Der polnische Aussenminister Jacek Czaputowicz und sein amerikanischer Amtskollege vor dem Beginn der Nahostkonferenz in Warschau. (Bild: Imago)

Der polnische Aussenminister Jacek Czaputowicz und sein amerikanischer Amtskollege vor dem Beginn der Nahostkonferenz in Warschau. (Bild: Imago)

Mit Nahostkonferenzen ist es so eine Sache. Man nimmt sich nicht gerade wenig vor: eine Lösung des Israel-Palästina-Konfliktes, ein Ende des Syrien-Kriegs, Frieden in Jemen. Brandherde gibt es in der Region ausreichend. Gesprächsrunden, um sie zu löschen, erst recht. Auch die von den USA und Polen organisierte Konferenz, die heute Abend in Warschau beginnt, plant Grosses: Sie hat sich die «Förderung von Stabilität, Frieden, Freiheit und Sicherheit für den Nahen Osten» auf die Fahne geschrieben und dafür die Vertreter von siebzig Staaten in die polnische Hauptstadt eingeladen. Einigen könnten sich auf dieses hehre Ziel sicher alle Akteure in der Region. Doch da auf der Gästeliste vor allem ein Land prominent fehlt – Iran –, ist die eigentliche Stossrichtung des Treffens klar: Geschmiedet werden soll eine Allianz, die auch europäische Länder umfasst und die den harten Kurs der Amerikaner gegen das Regime in Teheran mitträgt.

Konkurrenzveranstaltung im russischen Sotschi

Während aus den USA Vizepräsident Mike Pence und Aussenminister Mike Pompeo anreisen, werden mehrere westeuropäische Aussenminister, unter ihnen der französische und der deutsche, der Konferenz fernbleiben. Die Deutschen haben stattdessen einen Staatssekretär, Niels Annen, nach Warschau geschickt, der sich pikanterweise am Montag noch in der iranischen Botschaft in Berlin blicken liess – zu einer Feier zum 40. Jahrestag der Islamischen Revolution.

Aus Russland kommt, wenig überraschend, niemand, nachdem das Aussenministerium die Konferenz schon vor Wochen als «inakzeptabel» und «kontraproduktiv» bezeichnet hat. Zeitgleich mit dem Treffen in Warschau findet im russischen Sotschi zudem ein Syrien-Dreiergipfel zwischen der Türkei, Iran und Russland statt. Die Präsidenten der drei Länder haben mit der Aufteilung ihrer Einflusszonen in Syrien Besseres zu tun, als sich den Vorwürfen der Amerikaner zu stellen. Einen «verzweifelten Anti-Iran-Zirkus» nannte der iranische Aussenminister Javad Zarif die Veranstaltung in Warschau.

Hochrangig vertreten ist mit Ministerpräsident Benjamin Netanyahu hingegen Israel, Irans Erzfeind. Und auch die Golfmonarchien sowie Ägypten, Jordanien, Marokko und andere sunnitische Staaten lassen es sich nicht nehmen, zumindest auf Ministerebene Präsenz in Warschau zu markieren, wenn die Amerikaner wie erwartet am Donnerstag die Entwicklung neuer iranischer Raketen und die Förderung von Terrorismus anprangern werden. Nicht weniger wichtig ist es für Washington, osteuropäische Länder wie Ungarn, Litauen oder Lettland (sie alle werden mit einem Aussenminister vertreten sein) auf seine Seite zu ziehen, wenn es darum geht, einen harten Sanktionskurs gegen Teheran zu rechtfertigen. Die Trump-Administration hat den sogenannten Joint Comprehensive Plan of Action (JCPOA), also das Atomabkommen mit Iran, im vergangenen Jahr aufgekündigt und alle früheren Sanktionen gegen Teheran wieder in Kraft gesetzt.

Europäische Dissonanzen

Mehrere osteuropäische Länder scheinen Trumps Einschätzung zu teilen, wonach Iran nur mit «maximalem Druck» zu begegnen sei, oder sie wollen es sich jedenfalls nicht mit den USA, ihrem wichtigsten Sicherheitsgaranten, verscherzen. Der Kontrast zu Staaten wie Grossbritannien, Frankreich und Deutschland, die auf Dialog setzen und versuchen, das Atomabkommen mit Teheran zu retten, könnte nicht grösser sein.

Diese Ausgangslage erinnert an das Jahr 2003. Die USA schmiedeten damals ein Bündnis, das den Angriff der Amerikaner auf den Irak politisch und militärisch unterstützte. Sie tauften es die «Koalition der Willigen» und straften alle Unwilligen gleich mit ab: Wer wie Deutschland Washington im Stich liess, gehörte zum «alten Europa», wer wie Polen gegen Saddam Hussein in den Krieg zog, war Teil des «neuen Europa». Wie schon damals zeigen die unterschiedlichen Nöte und Interessenlagen, dass auf dem Kontinent nicht der Hauch einer gemeinsamen Nahostpolitik zu sehen ist.

Dem NZZ-Nahostredaktor Daniel Steinvorth auf Twitter folgen.

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