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In Deutschland forderte der gefährliche Darmkeim EHEC ein erstes Todesopfer

Foto: APA/Philipp Guelland/dapd

Während die Experten verzweifelt nach dem Grund der Ehec-Seuche suchen, breitet sich der lebensgefährliche Darmkeim in Deutschland immer weiter aus. Drei Menschen starben bisher. Die Behörden haben bereits mehr als 300 bestätigte Erkrankungen oder Verdachtsfälle registriert - vor allem im Norden. Aber auch in anderen Bundesländern taucht der Erreger auf. In Bayern sind nach Behördenangaben zwei Menschen erkrankt. Ein entsprechender Verdacht habe sich in beiden Fällen nach entsprechenden Untersuchungen bestätigt, teilte das bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) am Dienstag in Erlangen mit.

Einer dpa-Umfrage zufolge haben die Gesundheitsbehörden mindestens 140 Fälle registriert, darunter mehr als 40 besonders schwere. Tendenz ist steigend: Mehr als 160 Verdachtsfälle müssen noch geprüft werden.

Drei Tote

In Niedersachsen, Bremen und Schleswig-Holstein starben drei Frauen vermutlich im Zusammenhang mit EHEC-Infektionen, wie die Behörden am Dienstag mitteilten. Die Ursache für die ungewöhnlich starke Verbreitung der Darm-Bakterien, die blutigen Durchfall auslösen können, blieb weiter unklar.

In Niedersachsen starb dem Landes-Gesundheitsministerium zufolge am Samstag eine 83-jährige Frau aus dem Landkreis Diepholz. Sie war demnach seit dem 15. Mai wegen eines blutigen Durchfalls stationär behandelt worden. Die Frau sei im Labor positiv auf eine EHEC-Infektion getestet worden. Die Untersuchungen zu den Todesumständen sind noch nicht abgeschlossen.

In Bremen starb nach Angaben der Landes-Gesundheitsbehörde in der Nacht auf Dienstag eine junge Frau, die zuvor typische Symptome einer EHEC-Infektion gezeigt hatte. Bei ihr bestand der Verdacht auf das sogenannte hämolytisch-urämische Syndrom (HUS), das durch den EHEC-Erreger verursacht wird. Der Erreger wurde im Labor noch nicht nachgewiesen.

Im Kreis Stormarn starb laut dem schleswig-holsteinischen Gesundheitsministerium am Sonntag eine mehr als 80 Jahre alte Frau, die mit EHEC infiziert war. Ob die Infektion die Todesursache gewesen sei, stehe aber noch nicht fest, erklärte das Ministerium. Die Frau lag demnach wegen einer Operation im Krankenhaus.

Norddeutschland stark betroffen

Der EHEC-Erreger breitet sich seit einigen Tagen ungewöhnlich stark aus. Bis Montagabend kämpften mehrere Infizierte um ihr Leben. Besonders betroffen ist Norddeutschland. Allein in Schleswig-Holstein gab es am Dienstag 200 Verdachtsfälle von blutigen Durchfallerkrankungen, die mit EHEC-Bakterien in Verbindung gebracht werden. Aus Niedersachsen wurden 96 Verdachtsfälle gemeldet. In Hamburg wurden 42 Patienten aufgrund eines hämolytisch-urämische Syndroms (HUS) oder wegen HUS-Verdachts in Krankenhäusern behandelt.

Dem Robert-Koch-Institut (RKI) waren am Dienstag deutschlandweit mehr als 80 HUS-Fälle bekannt. Bei HUS kann es zu akutem Nierenversagen kommen. Die hohe Zahl an lebensbedrohlichen Verläufen bei EHEC-Infektionen ist extrem ungewöhnlich. Dem RKI wurden nach eigenen Angaben im Gesamtjahr 2010 nur 65 HUS-Fälle gemeldet.

Die Quelle der Infektionen blieb weiter unklar. Die Gesundheitsbehörden vermuten, dass die Ursache kontaminierter Salat oder Gemüse sein könnten. Auf rohes Fleisch oder Rohmilch, die sonst oft der Grund für EHEC-Infektionen sind, gibt es laut RKI keine Hinweise. Die Bakterien werden direkt oder indirekt von Tieren auf Menschen übertragen. Auch eine Ansteckung von Mensch zu Mensch durch eine sogenannte Schmierinfektion ist möglich.

Die Gesundheitsbehörden rieten, bei Lebensmitteln auf Hygiene zu achten und Obst oder Gemüse gründlich zu waschen. Fleisch soll ausreichend gegart, rohes Fleisch möglichst vermieden werden. Gerade bei Durchfall-Erkrankungen sollen Betroffene sich gründlich die Hände waschen. Bei blutigem Durchfall soll umgehend ein Arzt aufgesucht werden.

Keine Fälle in Österreich

In Österreich ist das Gesundheitsministerium alarmiert, warnt jedoch vor Panik. "Wir stehen mit den deutschen Behörden in Kontakt. Es gibt zurzeit aber keine Verbindung zu deutschen Fällen", sagt Pamela Rendi-Wagner, Sektionschefin im Gesundheitsministerium, zum STANDARD.

Wichtig sei, dass der Erreger in Deutschland lokalisiert werde. Sollte es sich um ein weit verbreitetes Lebensmittel handeln, seien Erkrankungen in Österreich möglich. Rendi-Wagner weist aber auch darauf hin, dass manche Experten Bio-Gemüse verdächtigen, und sagt: "Dieses wird wohl nicht bis Österreich gelangen."

Die Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (Ages) stellt auf ihrer Homepage (www.ages.at) Informationen über EHEC bereit. In Österreich gab es 57 EHEC-Erkrankungen im Jahr 2010, eine verlief tödlich. Heuer traten bisher fünf Fälle auf. (APA/Birgit Baumann aus Berlin, DER STANDARD-Printausgabe, 25.5.2011)