Die Akzeptanz für Neubauprojekte in Berlin ist gering - das zeigt nicht zuletzt der Bürgerentscheid zum Tempelhofer Feld. Die Politik kündigten daher mehr direkte Demokratie an. Doch damit hapert es.

„In Deutschland wird Partizipation sehr verklärt. Die Gefahr des Mitmach-Zeitalters ist aber, das Politiker jede Verantwortung abwälzen und Partikularinteressen missbräuchlich durchgesetzt werden.“ Die mahnenden Worte von Hannes Grassegger, Publizist und Ökonom aus dem „Mutterland der direkten Demokratie“, der Schweiz, sorgten für betroffene Mienen bei den Teilnehmern, die am Montag zur Neubautagung des Verbandes Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU) in das Seminaris-Hotel in Dahlem gekommen waren. Das Thema der diesjährigen Tagung lautete schließlich „Aktive Kommunikation – erfolgreicher Neubau“. Damit hapert es noch immer in Berlin.

Obwohl der Senat und Wohnungsverbände immer wieder öffentlich darauf hingewiesen hatten, dass seit 2011 rund 254.000 Bürger zusätzlich mit Wohnraum versorgt werden müssen, verhallt der Appell nach breiterer Akzeptanz für neue Wohnungen auch in der eigenen Nachbarschaft bislang ungehört. So wurde das größte aktuelle Wohnungsbauvorhaben mit 4700 Wohnungen am Rande des Tempelhofer Feldes per Volksentscheid im Mai verhindert, und ein bezirklicher Bürgerentscheid bremste das Bauvorhaben auf einem Teilareal der Kleingartenkolonie Oeynhausen mit 700 Wohnungen in Wilmersdorf aus. Inzwischen gibt es ein breites Bündnis von Bürgerinitiativen, das weiter Bauvorhaben verhindern will. Die verantwortliche Politik reagierte zerknirscht und gelobte Besserung: SPD und CDU kündigten mehr direkte Demokratie an.

Konzept für Tempelhofer Feld

Doch wie schwierig der Dialog mit dem Bürger sein kann, davon zeugt die Auseinandersetzung um ein knapp 100 Hektar großes ehemaliges US-Militärgelände in Lichterfelde Süd. Am Dienstag wird der Investor, die Groth-Gruppe, im Rathaus Steglitz-Zehlendorf den Siegerentwurf vorstellen, der in einem aufwendigen Workshopverfahren ermittelt wurde. 2500 Wohnungen sollen nun auf einer Fläche von 39 Hektar entstehen. Der Senat hatte dort ursprünglich 3000 vorgesehen. Der Bürgerinitiative ist das jedoch zu viel: Sie möchte höchstens 1800 Wohnungen. Man darf also gespannt sein, was letztlich gebaut wird.

In der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung werden in dieser Woche erste konkrete Schritte zur angekündigten verstärkten Bürgerbeteiligung ausprobiert. Am kommenden Sonnabend laden Bausenator Michael Müller (SPD) und Tillmann Heuser vom BUND die Bürger ein, sich an dem Konzept zur künftigen Nutzung, Pflege und Entwicklung des Tempelhofer Feldes zu beteiligen. Denn dieses soll von den Bürgern selbst „in einem breiten und konstruktiven Dialog“ erarbeitet werden, so Müller. Ort: Zollgarage im Flughafen Tempelhof, Columbiadamm 2-6. Zeit: 14-17 Uhr. Voranmeldung unter 030/885 91 40 oder per Mail an tempelhof@planergemeinschaft.de.