Werbetour nach Brexit Frankfurt wirbt um Londons Banker

Eine Studie sieht Frankfurt als Brexit-Gewinner, Pluspunkte sind der Sitz der EZB und der Flughafen. Noch ist fraglich, wohin Londons Banker ziehen. Hessens Wirtschaftsminister buhlt vor Ort um ihre Gunst.

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Frankfurt will Londons Banken anlocken Quelle: dpa

Der hessische Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir war in den vergangenen Tagen bei Londons Bankern für die Mainmetropole auf Werbetour. Mit einer Delegation war der Grünen-Politiker in London unterwegs, um bei Großbanken, Investmentgesellschaften und Fintechs Aufklärung zu leisten. In vielen Unternehmen herrschten teils falsche Vorstellungen, was deutsches Arbeits- und Steuerrecht betreffe. „Wir wollen hören, was die Sorgen der Firmen sind“, sagte Al-Wazir vor seiner Reise.

Argumente dürfte der Minister einige im Gepäck gehabt haben. Zu den Stärken des Rhein-Main-Gebiets zählt Al-Wazir eine gute digitale Infrastruktur, eine gute Erreichbarkeit, die Nähe zur Europäischen Zentralbank (EZB) und eine hohe Lebensqualität. Zudem seien die Büros deutlich günstiger als in London oder in der französischen Hauptstadt Paris, dem Mitbewerber Frankfurts.

Teilweise bestätigen das auch Studien. Laut einer aktuellen Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, dürfte Frankfurt der größte Brexit-Profiteur sein. Die Stadt am Main hat demnach im Wettbewerb mit Paris, Dublin und Luxemburg die besten Chancen, aus London verlagerte Arbeitsplätze und Firmen anzuziehen. „Es ist sehr wahrscheinlich, dass Frankfurt am meisten vom Brexit-Votum profitiert“, sagt Michael Voigtländer, Leiter des Kompetenzfelds Finanzmärkte und Immobilienmärkte des IW.

Auch das IW sieht den Sitz der EZB und anderer Aufsichtsbehörden als großen Pluspunkt. Zudem sei Frankfurt wegen seines großen Flughafens sehr gut erreichbar und punkte mit relativ günstigen und leicht verfügbaren Gewerbeimmobilien. Überdies biete Frankfurt eine höhere Lebensqualität als die Konkurrenz.

Eine Umfrage, welche die Boston Consulting Group kurz vor dem Referendum unter rund 360 Londoner Bankern durchführte, kam zu einem ähnlichen Ergebnis, zeigte aber auch Frankfurts Schwachstellen deutlich auf. Zwar belegte Frankfurt auch in der BCG-Umfrage Platz 1 in der Gesamtwertung vor New York und Dublin.

Allerdings zeigten sich viele Londoner Banker skeptisch, was das Englisch der Frankfurter betrifft. Sie fürchten eine Sprachbarriere. Außerdem gilt Frankfurt bei vielen Bankern in der britischen Metropole als langweilig. Gegen das hippe London wirkt Frankfurt recht provinziell. Oberbürgermeister Peter Feldmann will das nicht so recht gelten lassen, er warb schon kurz nach dem Referendum mit Frankfurts reichem Kulturangebot und der "U-Bahn ins Mittelgebirge".

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