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Mit diesen kuriosen Ideen kämpfen Hotels um Gäste

Für die neuen Spießer wäre der Berliner „Hüttenpalast“ sicher eine verführerische Bleibe in der Hauptstadt. In der Neuköllner Fabriketage gibt es auch noch den Wohnwagen „Herzensbrecher“ und die „Berghütte“ Für die neuen Spießer wäre der Berliner „Hüttenpalast“ sicher eine verführerische Bleibe in der Hauptstadt. In der Neuköllner Fabriketage gibt es auch noch den Wohnwagen „Herzensbrecher“ und die „Berghütte“
Für die neuen Spießer wäre der Berliner „Hüttenpalast“ sicher eine verführerische Bleibe in der Hauptstadt. In der Neuköllner Fabriketage gibt es auch noch den Wohnwagen „Herzensbr...echer“ und die „Berghütte“
Quelle: dpa-tmn
Schlafen in einem Schäferwagen, im Schrebergarten-Imitat oder in einem Zimmer über einem Affengehege: Hotels lassen sich viel einfallen, um junge und zahlungskräftige Gäste anzulocken.

Worum geht es

Berlin ist die Heimat der neuen Spießer. Glaubt man den Beratern der Hotelconsulting Treugast, so wohnen diese im Stadtteil Prenzlauer Berg, fahren ihre Kinder im Sportbuggy und sind ansonsten Mitglied beim Car-Sharing. Sie essen am liebsten selbst Eingekochtes und sind Mitglied in einem kollektiven Gartenprojekt.

An einem der coolsten Plätze in Berlin, direkt an der Oberbaumbrücke, liegt das Restaurant Fabrics im Hotel nhow. Hier versucht der spanische Hotelkonzern NH mit viel Farbe hippe und musikalische Kundschaft zu begeistern
An einem der coolsten Plätze in Berlin, direkt an der Oberbaumbrücke, liegt das Restaurant Fabrics im Hotel nhow. Hier versucht der spanische Hotelkonzern NH mit viel Farbe hippe u...nd musikalische Kundschaft zu begeistern
Quelle: Massimo Rodari

Mit solchen nicht ganz ernst gemeinten Hirngespinsten versuchen Treugast-Chef Stephan Gerhard und seine Mitarbeiter derzeit mittelständische Hoteliers und Investoren davon zu überzeugen, sich bei der Konzeption und Einrichtung neuer Hotels mehr auf „Stilgruppen“ und weniger auf althergebrachte Zielgruppen zu konzentrieren.

Denn Gerhard beobachtet in der Hotellerie weltweit eine „Vernischung“ und verweist auf rund 30 Prozent der heutigen Hotelgäste, die sich eben nicht mehr einer bestimmten Altersgruppe und ihren Vorlieben zuschreiben lassen. Um deren Bedürfnisse zu erfüllen, müssten sich mittelständische Hoteliers viel mehr Gedanken machen und könnten sich so „Alleinstellungsmerkmale“ erarbeiten. Auch die Generation Y gibt es für die Hotelberater gar nicht mehr, sondern viele Schattierungen.

Ketten sind starke Vermarkter

Auch die großen Hotelketten wie Hilton und Marriott versuchen bereits immer mehr wegzukommen vom klassischen Angebot Bar, Bademantel, Bett. Sie versuchen zunehmend standardisierte Erlebnisräume für ganz bestimmte Gruppen zu kreieren und schaffen es damit laut Treugast bereits rund 15 Prozent höhere Preise als die Indvidual-Hoteliers zu erlösen.

Quelle: Infografik Die Welt

Denn die Ketten sind in der Vermarktung sehr viel stärker. Und sie versuchen den kleinen und mittelgroßen Hotelbetreibern immer mehr Gäste abzujagen. Mit großem Erfolg, obwohl sie eigentlich vergleichsweise teurer sind. „Wir werden in den nächsten fünf Jahren eine aggressive Expansion der Ketten sehen“, prognostiziert Gerhard und verweist darauf, dass im vergangenen Jahr in Deutschland 99 neue Hotels von großen Ketten eröffnet haben.

Rund 30 neue Hotels werden derzeit allein in Berlin gebaut, meldet der Hotel- und Gaststättenverband Dehoga. Es entstehen dabei über 8.000 neue Zimmer mit mindestens über 16.000 Betten. Viele neue Häuser gehören zu internationalen Beherbergungsketten.

Immer mehr kleine Hotels geben auf

Gleichzeitig machen in Berlin immer mehr kleine Hotels und Pensionen zu. So eine Hotelschließung ist kein Einzelfall, sagt Burkhard Kieker, Geschäftsführer von „Visit Berlin“. Vielen kleineren Hotels, die nicht zu einer Kette gehörten, fehle die internationale Vertriebserfahrung. „Dann kann es schon einmal eng werden. Es ist wie im Urwald: ein Werden und Vergehen“, sagte Kieker dem rbb.

Und fürs Werden ist im Vergleich zu Großbritannien oder den USA noch viel Platz. Dort werden bereit 70 Prozent aller Hotels von Markenketten betrieben, in Deutschland sind es bislang nur knapp 12 Prozent. Doch die niedrige Prozentzahl täuscht. Denn bei der Anzahl der Zimmer liegen Ibis, Motel One oder Marriott bereits bei 30 Prozent und beim Umsatz ist es die Hälfte.

Im denkmalgeschützten Bikini Haus liegt das Hotels 25hours direkt gegenüber vom Affengehege des Berliner Zoos. Es ist seit seiner Eröffnung vor einem Jahr fast immer ausgebucht
Im denkmalgeschützten Bikini Haus liegt das Hotels 25hours direkt gegenüber vom Affengehege des Berliner Zoos. Es ist seit seiner Eröffnung vor einem Jahr fast immer ausgebucht
Quelle: 25hours Hotels

Und die Investoren entdecken zunehmend das 3-Sterne-Segment für sich. Die Kettenkonzerne drängen mit kreativen neuen Konzepten nach Deutschland. Am aggressivsten plant derzeit die Louvre Hotel Group, die in 2015/16 neun neue Häuser unter der Marke „Premiere Class“ eröffnen und bis 2018 rund 35 Hotels betreiben will.

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Der Hotel-Konzern Wyndham will hierzulande eine neue Kette mit der Marke „Super 8“ etablieren. Das erste Hotel soll in diesem Jahr in München eröffnet werden, zehn weitere sind in Planung.

Die beiden großen US-Ketten Hilton und Marriott streben laut Treugast mit ihren Marken „Hampton by Hilton“ und „Moxy“ mittelfristig in Deutschland in dem Segment Drei-Sterne-Plus die Marktführerschaft an. „Moxy“ hat Marriott zusammen mit dem Möbelriesen Ikea gegründet.

Für den schwedischen Konzern ist die Hotellerie ein ganz neues Geschäftsfeld. Allerdings werden die Zimmer nicht mit Ikea-Möbeln eingerichtet, sondern in einem zeitgemäßen Design ausgestattet: mit großen Flachbildschirmen und USB-Schnittstellen in jeder Steckdose.

Moxy soll in ganz Europa expandieren

In Europa sollen in den nächsten zehn Jahren insgesamt 150 Moxy-Hotels gebaut werden. Die ersten drei in Deutschland werden im kommenden Jahr in Frankfurt eröffnet, weitere sollen folgen in Berlin und München. Die neue Hotelmarke zielt nach Beschreibung der Betreiber auf eine preisbewusste, reiseerfahrene, junge Kundschaft, die für neue Technologien offen ist.

Und auch über diesen Hotelgast haben die Treugast-Berater sich den Kopf zerbrochen. Der Urbane Nomade ist beruflich grenzenlos mobil, hat bislang die Nächte während seiner Geschäftsreise im Motel One verbracht, ist natürlich Mitglied bei „Xing“ und reist meist mit Rollkoffer und angeschnallter Laptoptasche.

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