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Deutschland exportiert so viel Strom wie nie zuvor

Wirtschaftsredakteur
Im ersten Halbjahr dieses Jahres floss so viel Strom wie nie zuvor ins Ausland Im ersten Halbjahr dieses Jahres floss so viel Strom wie nie zuvor ins Ausland
Im ersten Halbjahr dieses Jahres floss so viel Strom wie nie zuvor ins Ausland
Quelle: Infografik Die Welt
Die deutschen Stromausfuhren stiegen im ersten Halbjahr um fast 50 Prozent an. Damit exportiert Deutschland in diesem Jahr so viel Strom wie nie zuvor. Für den enormen Zuwachs gibt es zwei Gründe.

Worum geht es

Deutschland exportiert in diesem Jahr so viel Strom wie nie zuvor. Nach den Zahlen des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) flossen im ersten Halbjahr dieses Jahres im Saldo 14,9 Terawattstunden (Milliarden Kilowattstunden) ins Ausland. Das sind fast 50 Prozent mehr als im Vorjahrszeitraum.

Für den starken Zuwachs gibt es zwei Gründe: Der subventionierte Aufbau von erneuerbaren Energien führt zu temporären Stromüberschüssen, die aufgrund physikalischer Gesetze über die Stromnetze ins Ausland abfließen.

Einen größeren Anteil haben vermutlich Handelsgeschäfte deutscher Kohlekraftwerksbetreiber mit ausländischen Abnehmern. Weil die Preise für CO2-Verschmutzungsrechte niedrig sind, ist der Betrieb von Kohlekraftwerken derzeit lukrativ.

Betreiber wie RWE oder Vattenfall lassen ihre Kohlekraftwerke deshalb selbst dann am Netz, wenn hier viel Ökostrom zur Verfügung steht: Die Anlagen arbeiten dann für den Export.

Holland ist Hauptabnehmer

In den Niederlanden, dem Hauptabnehmer deutscher Elektrizität, werden bereits Gaskraftwerke aus dem Markt gedrängt, die unter steigenden Brennstoffkosten leiden. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) kommt in einer Analyse zum dem Ergebnis, dass auch die Produktion der Gaskraftwerke in Deutschland im Halbjahresvergleich um ein Viertel eingebrochen ist, während die Kohlestrom-Produktion drastisch anstieg.

„Der neuerliche Boom der Kohle ist gut für die Kraftwerksbetreiber und schlecht für den Klimaschutz“, kritisierte die DUH die Entwicklung: „Trotz eines Anteils der CO2-freien Erneuerbaren Energien von einem Viertel an der nationalen Stromerzeugung, steigt die Emissionsbelastung aus dem Stromsektor.“

Schon im Jahre 2012 lag die nationale Klimabelastung um 78 Millionen Tonnen Kohlendioxid über dem Zielpfad der Bundesregierung für das Jahr 2020, beklagt die Deutsche Umwelthilfe: Wenn nun immer mehr relativ klimafreundliche Gaskraftwerke verdrängt werden, „stellt dies die Klimaschutzziele Deutschlands in Frage.“

Die DUH fordert von der Politik, auf dem Markt für CO2-Zertifikate zu intervenieren, um den Betrieb von Kohlekraftwerken unrentabler zu machen.

Strombarrieren an der deutsch-polnischen Grenze

Das Statistische Bundesamt beziffert den Wert der deutschen Stromausfuhren auf rund 1,6 Milliarden Euro zwischen Januar und Ende Mai. Rückschlüsse auf den Wert einer exportierten Kilowattstunde sind aber schwierig: Ein Teil der grenzüberschreitenden Stromflüsse kommt über sogenannte „loop flows“ nach Deutschland zurück, ohne dass dem ein Handelsgeschäft zugrunde liegt.

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Wie aus den Angaben des Statistischen Bundesamtes hervorgeht, hat sich die Kundenstruktur deutscher Stromausfuhren stark verändert. So floss 2013 bislang rund 25 Prozent weniger Elektrizität nach Polen.

Ein Grund dafür liegt in der Einrichtung von Strombarrieren, sogenannten Phasenschiebern, an der deutsch-polnischen Grenze. Polen kann mit Hilfe dieser Anlagen Stromflüsse aus Deutschland abblocken, wenn diese die eigene Netzstabilität gefährden oder es eigenen Handelsgeschäften dient.

Fertigstellung der Nordleitung

Zugleich stieg die Strommenge, die von Deutschland nach Dänemark floss, um rund 480 Prozent an. Die Ursache liegt in der Fertigstellung einer neuen Stromleitung zwischen Mecklenburg-Vorpommern und Hamburg im vergangenen Jahr.

Dank dieser sogenannten Nordleitung können jetzt große Mengen an Wind- und Solarstrom von der Ostseeküste Richtung Westen abtransportiert werden.

Mehr als ein Drittel der deutschen Stromausfuhren geht nach wie vor in die Niederlande. Windstrom aus Nordwestdeutschland und Kohlestrom aus dem Rheinischen Revier drängt dort Gaskraftwerke aus dem Markt. Der schwedische Vattenfall-Konzern, der den niederländischen Kraftwerksbetreiber Nuon übernommen hatte, musste aus diesem Grund kürzlich Milliardenwerte abschreiben.

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