Geschäft mit dem Familienurlaub:Vier Sterne für den Nachwuchs

Geschäft mit dem Familienurlaub: Kinder paddeln im Urlaub vor Kurumba Island, Malediven.

Kinder paddeln im Urlaub vor Kurumba Island, Malediven.

(Foto: AFP)

Die Ansprüche an eine kinderfreundliche Unterbringung sind heute hoch, die Preise aber auch. Dafür wird gemeinsam gesegelt oder sogar gelernt - und in einigen Hotels haben selbst Teenager Spaß.

Von Stefan Fischer

Rimini oder Bibione? Das war vor dreißig, vierzig Jahren oft die einzige Frage, wenn es darum ging, den Sommerurlaub mit der Familie zu planen. Das Hotel oder Apartment sollte nah am Strand liegen, und wenn es in der Anlage überdies einen Spielplatz und einen Pool mit Rutsche gab, dann galt das als kinderfreundliches Quartier.

Und heute? Werden Studienreisen für Jugendliche angeboten, liegt der Betreuung minderjähriger Gäste in immer mehr Hotels ein pädagogisches Konzept zugrunde - und die durchgesessene Ausziehcouch als Schlafgelegenheit für die Kinder ist kaum noch vermittelbar.

"Für Urlaub mit Kindern wird verhältnismäßig viel Geld ausgegeben", sagt Nina Kreke, Sprecherin von Neckermann Reisen. "Da werden häufig Vier-Sterne- und Vier-Sterne-Plus-Hotels gebucht." Entsprechend anspruchsvoll seien die Familien - selbst wenn sie bei einem der großen Tourismuskonzerne buchen und nicht bei einem Spezialreiseanbieter, wo die Preise in der Regel ohnehin höher sind und damit auch die Erwartungen an die Leistung.

"Nicht jedes Familienhotel passt zu jeder Familie", sagt Kathrin Spichala, Sprecherin von Tui. Dementsprechend differenziere sich das Angebot immer weiter aus. Die Anbieter kreieren immer mehr Marken, die für bestimmte Hotelkonzepte stehen. Familien, denen Design und Technologie wichtig sind, wählen heute andere Quartiere als die naturverbundenen, die auf Nachhaltigkeit Wert legen.

Urlaub mit Smartphone (und den dazugehörigen Teenagern)

Auf Familien mit Kindern im Teenager-Alter zielt Neckermann Reisen mit den neu geschaffenen Sunconnect Resorts. Kostenfreies Wlan im gesamten Hotel, eine Online-Plattform mit Pinnwand-Funktion, die Urlauber auf ihren Smartphones und Tablets aufrufen können, sowie Freizeitangebote, die Online-Aktivitäten beinhalten, etwa Instagram-Fotowettbewerbe oder Schnitzeljagden mit GPS-Koordinaten, bilden den Kern des Konzepts.

"Das ist für ein Teenager-Publikum interessant, das seine Kommunikationsgewohnheiten auch im Urlaub beibehalten und mit den Freunden in Kontakt bleiben will", sagt Nina Kreke, die Neckermann-Sprecherin.

Neben dem Betreuungsangebot ist für viele Familien bei der Wahl des Reiseziels die Beschaffenheit des Zimmers oder der Wohnung ausschlaggebend. Die Ausstattung eines Apartments mit Kinderbett, Hochstuhl, Windeleimer, Wickelauflage und Waschmaschine ist für die Eltern eines Einjährigen unter Umständen wichtiger als die Tatsache, ob sich die Wohnung in Südtirol oder im Allgäu befindet.

Zimmer an Zimmer für Patchwork-Familien

"Die Gäste wollen inzwischen vorher sehen, wie die Zimmereinteilung ist", sagt Nina Kreke. Neckermann bildet deshalb neuerdings möblierte Grundrisse in seinen Katalogen ab. Das hängt auch damit zusammen, dass Familie heute nicht zwingend meint: Vater, Mutter, Tochter, Sohn.

"Der Anteil an Singles mit Kindern, Patchwork-Familien, Großfamilien oder auch Mehrgenerationenurlaub hat spürbar zugenommen", sagt Kathrin Spichala von Tui - und damit unter anderem die Nachfrage nach nebeneinander liegenden Zimmern mit Durchgangstüren.

Luxus für alle

Immer größer und vielfältiger wird daneben das Angebot an exklusiven Familienreisen. Es gibt interkulturelle Feriencamps für Kinder und Jugendliche in Thailand und auf den Malediven, Segelkreuzfahrten speziell für Familien sowie Reisen, in die ein Sprachkurs für Kinder integriert ist.

"Es geht darum, dass die Familie gemeinsame Erlebnisse hat, die in Erinnerung bleiben und zusammenschweißen", sagt Bettina Boll, Sprecherin von Vamos. Der Eltern-Kind-Reise-Veranstalter bietet Ferien in kleineren Häusern in weniger touristischen Gegenden an und bildet seine Kinderbetreuer selbst aus. Im Zentrum steht das Naturerlebnis. Wobei auch Vamos wie die gesamte Branche darauf reagiert, dass Städtereisen verstärkt auch von Familien nachgefragt werden.

Verändert hat sich mit dem zunehmenden Wohlstand einer Mehrheit der Gesellschaft auch der Abnabelungsprozess der Kinder. Klassischerweise sind sie bis in ein gewisses Alter mit den Eltern mitgefahren - und dann eben nicht mehr. "Das war dann irgendwann peinlich, noch mit den Eltern zu verreisen", sagt Bente Grimm von der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen.

Heute sind die Jugendlichen oftmals schon früh alleine unterwegs, machen lieber mit Freunden Party auf Ibiza, als mit den Eltern an der Ostsee am Strand zu liegen. "Wenn das Angebot der Eltern cool genug ist, kommen Jugendliche und junge Erwachsene aber gerne noch einmal mit", sagt Grimm: etwa in den Skiurlaub oder auf Safari nach Kenia.

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