Touristenattraktion in Berlin:Kutschpferde sollen Windeln tragen

Pferdeäpfel seien eine Gefahr für Radfahrer, findet ein Berliner Stadtpolitiker und will den Kutschpferden der Stadt Windeln verpassen. Tierschützer sind dagegen.

Der Pferdemist auf den Straßen mitten in Berlin stinkt so manchem: Nach dem Ordnungsstadtrat aus Mitte, Carsten Spallek (CDU), plädiert nun auch die Prüforganisation Dekra dafür, die Kutschpferde der Hauptstadt verpflichtend mit einer Pferdewindel auszurüsten. "Die Pferdeäpfel stellen eine ernsthafte Gefahr vor allem für Zweiräder dar", kritisierte Mario Schwarz (Dekra Berlin).

Tierschützer hingegen lehnen dies ab. "Die Dinger können den Pferden gefährlich werden, wenn sie sich mit ihren Hinterbeinen oder Strängen des Geschirrs darin verheddern", sagte der Berliner Tierschutzbeauftragte Klaus Lüdcke. Auch das Veterinärsamt von Mitte lehnt die sogenannten Pooh-Bags wegen der Unfallgefahr ab. "Ein Kutscher sieht doch, wann sein Pferd äppeln muss. Dann sollte er sowieso anhalten, um keine meterlangen Äppelspuren zu erzeugen - und kann dann auch gleich saubermachen", betonte Lüdcke: "Anhalten zu diesem Zweck ist ausdrücklich erlaubt."

Auch der Berliner Tierschutzverein sieht die Pferdewindel kritisch: "Pferde sind Fluchttiere und können - insbesondere bei nicht ausreichender Gewöhnung - dadurch in Panik geraten", sagte Vereinspräsident Wolfgang Apel. Kutscher seien ebenso wie Hundehalter in der Pflicht, den Kot ihrer Tiere von der Straße zu beseitigen.

In Zukunft soll es jetzt die Polizei richten und nachlässige Droschkenunternehmen verstärkt mit Bußstrafen belegen. "35 Euro sind jedes Mal fällig. Das tut weh", so Lüdcke. Am Brandenburger Tor, wo die Kutschen meist auf Kundschaft warten, habe sich die Situation seit der Kutschpferdeleitlinie, die 2009 vom Berliner Tierschutzverein initiiert worden war, etwas entspannt. Pferdeäpfel seien dort kein Problem mehr und das Veterinäramt prüfe regelmäßig, ob die Tiere gut versorgt seien.

Touristen sollen auf Fahrradrikschas umsteigen

Das Bezirksamt Mitte dringt in Sachen Pferdewindel schon seit längerem auf eine Berlin-weite Regelung. Ordnungsamtsleiter Alexander Scharries sagte der Berliner Zeitung jüngst: "In Städten wie New York, Dresden und Wien ist das gesetzlich geregelt. Das ist auch unser Wunsch für Berlin." Doch auf Landesebene wird das Thema wie ein Staffelstab durch die Zuständigkeiten gereicht. Und die Droschkenkutscher selbst warten ab.

Den Tierschützern hingegen ist das gesamte Kutschen-Thema, das die Hauptstadt seit etwa 2005 beschäftigt, ein Dorn im Auge. "Der Einsatz von Kutschpferden im Innenstadtbereich ist aus Tierschutzsicht grundsätzlich abzulehnen", sagte Apel. Landes- Tierschutzbeauftragter Lüdcke sieht es generell ähnlich: "Berlin ist eine quirlige Großstadt. Was sollen da Pferdekutschen mittendrin? Die Touristen können doch auch auf Fahrradrikschas umsteigen."

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