«Wenn die Welt doch nur so einfach wäre . . .»

In der Duplik auf die Kritik von Eichenberger und Portmann erläutert Heri nochmals seine Thesen und unterstreicht die Bedeutung der Regulierung für viele institutionelle Anleger.

Erwin W. Heri
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Es muss Ausdruck eines schon fast zynischen Missverständnisses sein, wenn einer der Protagonisten der Effizienzmarkt-Hypothese in unserem Land verdächtigt wird, nun plötzlich irgendwelche Ineffizienzen gefunden zu haben. Organisierte Finanzmärkte sind (informations)effizient, und für Herrn und Frau Jedermann lohnt es sich im Zweifelsfall nicht, nach irgendetwas anderem Ausschau zu halten. Punkt. Die Autoren des obigen Textes und ich scheinen uns da völlig einig zu sein. Es steht mehr oder weniger so in beiden Texten.

Erwin Heri (Bild: NZZ)

Erwin Heri (Bild: NZZ)

Das war aber mitnichten das Thema des jüngst in der NZZ erschienenen Textes. Das Thema war hingegen, dass die kurze Frist mit ihren chaotisch anmutenden Strukturen und dem informations- und gerüchtegetriebenen «Lärm» andere Rendite- und Performance-Treiber hat als die lange Frist (bei welcher wir uns im Mehr-Jahre-, um nicht zu sagen: Jahrzehnte-Bereich befinden). Das Thema war ferner, dass Regulierer nicht im kurzfristigen Wirrwarr verloren gehen sollten, sondern sich die Prozesse der langen Frist – z. B. Mean Reversion – ansehen und in diesem Licht über sinnvolle Regulierungen nachdenken sollten.

Es ist nicht neu, dass die Anlageseite institutioneller Anleger (z. B. von Pensionskassen) der Verpflichtungsseite Rechnung tragen sollte. Wenn die Passivstrukturen von langfristigen Überlegungen getrieben sind, dann sollte dies auf der Aktivseite nachvollzogen werden können. Ferner sollten die entsprechenden Anlagerestriktionen dann nicht vor allem von kurzfristigen Überlegungen (jährlichen Volatilitäten, kurzfristigen Deckungsgraden, Rechnungslegungsprinzipien für die Quartalsabschlüsse usw.) dominiert sein. Genau dies würde die Existenz langfristiger Mean Reversion nahelegen, auch wenn wir noch nicht en détail verstehen, wie der Übergang von der kurzen zur langen Frist funktioniert.

Rein mit «Spass-orientiertem Geldanlegen» – wie die Herren Eichenberger und Portmann meinen – wird man einen solchen Gesinnungswandel aber kaum herbeiführen. Sonst würde ich einmal ein Meeting der Anlagekommission einer Pensionskasse empfehlen, wenn die Aktienmärkte einmal wieder 20% korrigiert haben, die Medien und die entsprechenden Gurus wieder einmal den finalen Untergang heraufbeschwören, der Deckungsgrad wie Schnee in der Sonne schmilzt, aber gleichzeitig wegen der langfristigen Anlagestrategie und wegen des Rebalancing die Aktienquoten erhöht werden müssten. Ich weiss nicht genau, wie die Damen und Herren Stiftungsräte, paritätisch zusammengesetzt aus Arbeitnehmern und Arbeitgebern, dann auf das Spass-Argument reagieren.

Im Übrigen würde ich darum bitten, legitime Vereinfachungen wie die Verwendung einfacher Trendlinien zur Illustration der Argumente nicht argumentativ einfach umzudrehen. Vor allem dann nicht, wenn die Vereinfachung im Text deutlich gemacht und mithilfe einer Fussnote die Verwendung erläutert wird. Es lohnt sich, auch bei Zeitungsartikeln die Fussnoten zu lesen.

Erwin Heri ist Professor für Finanztheorie an der Universität Basel, er war früher Finanzchef der Winterthur-Versicherungsgruppe und u. a. während vieler Jahre Vorsitzender der Anlagekommission der Bundespensionskasse (Publica). Er berät auch heute noch verschiedene Pensionskassen in Anlagefragen.