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Schwarz-rote Einigung Kein Mindestlohn für Langzeitarbeitslose

Schwarz-Rot schraubt immer mehr Ausnahmen ins Mindestlohngesetz: Langzeitarbeitslose sollen beim Start in einen neuen Job zunächst keinen Anspruch auf 8,50 Euro pro Stunde haben. Darauf einigte sich jetzt die Koalition.
Arbeitsministerin Nahles: Neuer Kompromiss beim Mindestlohn

Arbeitsministerin Nahles: Neuer Kompromiss beim Mindestlohn

Foto: Daniel Naupold/ dpa

Berlin - Die schwarz-rote Koalition hat einen großen Streitpunkt beim gesetzlichen Mindestlohn aus dem Weg geräumt. Demnach sollen alle Langzeitarbeitslosen auch in Zukunft zunächst weniger als 8,50 Euro verdienen, wenn sie wieder einen Job aufnehmen. Auf diesen Kompromiss verständigte sich Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) mit anderen beteiligten Ministerien. Nach dieser Einigung kann das Gesetz am Mittwoch vom Bundeskabinett beschlossen werden.

Konkret bedeutet die neue Regelung, dass Langzeitarbeitslose im ersten halben Jahr einer Beschäftigung grundsätzlich vom Mindestlohn ausgenommen sein sollen. Voraussetzung ist, dass das Unternehmen nicht tarifgebunden ist.

Bisher war vorgesehen, dass Langzeitarbeitslose nur dann in den ersten sechs Monaten nicht nach Mindestlohn bezahlt werden müssen, wenn ihr Arbeitgeber Lohnkostenzuschüsse der Bundesagentur für Arbeit bekommt. Diese Einschränkung ist nun aufgehoben.

Derzeit gibt es etwa eine Million Langzeitarbeitslose in Deutschland. Insgesamt fanden davon im vergangenen Jahr rund 180.000 Menschen einen Job, hieß es aus Regierungskreisen. Nur für etwa 20.000 von ihnen flossen Lohnkostenzuschüsse. Die neue Regelung weitet die geplanten Ausnahmen beim Mindestlohngesetz also deutlich aus.

Nahles begründete den Kompromiss damit, dass sich die Chancen von Langzeitarbeitslosen zur Rückkehr in den Arbeitsmarkt nicht verschlechtern sollten.

Mit dem Zugeständnis geht die Ministerin auf Kritiker in der Union und in der Wirtschaft zu. Diese hatten kritisiert, dass ein gesetzlicher Mindestlohn die Einstiegschancen für Langzeitarbeitslose zusätzlich erschwere. Auch über die Altersgrenze eines gesetzlichen Mindestlohns hatte es in der Großen Koalition erhebliche Differenzen gegeben. Unionspolitikern ist die geplante Grenze von 18 Jahren zu niedrig.

Diese bleibt aber im Gesetzentwurf bestehen. Dabei könnte es auch in den nun anstehenden Beratungen im Bundestag bleiben, die bis Juli abgeschlossen sein sollen. CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt sagte: "Ich glaube persönlich, dass wir da durchaus noch Diskussionsbedarf hätten. Meine Gespräche, die ich bisher mit den Sozialdemokraten, auch der Ministerin, darüber geführt habe, stimmen mich nicht sehr hoffnungsvoll."

Wirtschaftsverbände hatten gefordert, freiwillige Praktika vom Mindestlohn auszunehmen. Hier stimmte Nahles den Angaben aus der Koalition zufolge zu, dass bis zu sechswöchige freiwillige Praktika während des Studiums oder einer Ausbildung schlechter bezahlt werden dürfen. Für Pflichtpraktika laut Studiums- oder Ausbildungsordnung soll der Mindestlohn ohnehin nicht gelten.

amz/flo/Reuters/dpa