US-Armee verschickt Anthrax-Erreger

Der amerikanischen Armee ist ein Lapsus unterlaufen. Sie schickte mindestens eine Probe mit lebenden Anthrax-Erregern durch das ganze Land. Teile desselben Bakterienstammes gelangten bis Südkorea.

Drucken

(dpa) Bei der amerikanischen Armee sorgt eine Panne mit Proben des tödlichen Milzbranderregers Anthrax für Wirbel. Wie es am Mittwoch aus dem Verteidigungsministerium in Washington hiess, wurde mindestens eine Probe mit lebenden Anthrax-Erregern quer durchs Land geschickt.

Proben derselben Charge gingen gemäss den Angaben in insgesamt neun Gliedstaaten sowie auf einen amerikanischen Armeestützpunkt in Südkorea. Dort kamen bis zu 22 Menschen mit der Anthrax-Probe in Kontakt.

Wirkungslose Bestrahlung

Wie es aus dem Pentagon hiess, wurde im März vergangenen Jahres in einem Labor der Militäranlage Dugway Proving Ground im Gliedstaat Utah eine Anthrax-Probe bestrahlt, um die Erreger vollends abzutöten. Die Probe sei in neun Teile aufgeteilt und in den folgenden Monaten zu wissenschaftlichen Zwecken an andere Einrichtungen verschickt worden, die die Proben weiter aufgeteilt und in private Labore verschickt hätten.

Das Material sei so in mehr als ein Dutzend Labore in den Gliedstaaten Kalifornien, Tennessee, Texas, Wisconsin, Virginia, Delaware, Maryland, New Jersey und New York gelangt, sagten Pentagon-Mitarbeiter der Nachrichtenagentur AFP. Eine Probe ging an den amerikanischen Luftwaffenstützpunkt im südkoreanischen Osan.

Am Freitagabend habe ein privates Labor im Gliedstaat Maryland die Behörden verständigt, dass aus einer dort eingegangenen Probe lebende Anthrax-Bakterien gezüchtet werden konnten, teilte die Gesundheitsbehörde CDC mit.

Vier Personen betroffen

Nach Bekanntwerden dieser Panne würden nun auch die an andere Labore verschickten Proben untersucht, hiess es aus dem Pentagon. Gemäss ersten Erkenntnissen arbeiteten vier Menschen in drei unterschiedlichen Laboren mit Anthrax-Lebendproben, die Betroffenen würden nun vorsorglich gegen mögliche Folgen behandelt.

«Es gibt kein bekanntes Risiko für die breite Öffentlichkeit, und es gibt keine Verdachtsfälle oder bestätigte Fälle von Anthrax-Infektionen», erklärte der Pentagon-Sprecher Steven Warren. Angaben zu den Ursachen der Panne und zur genauen Zahl der betroffenen Labore machte das Pentagon allerdings vorerst nicht.

Die Gesundheitsbehörde CDC soll den Vorfall nun mithilfe des Verteidigungsministeriums untersuchen. Für die Zeit bis zum Abschluss der Untersuchung setzte das Pentagon die Verschickung derartigen Materials aus dem Stützpunkt in Utah aus.

Labor in Südkorea abgesperrt

Aus dem ebenfalls belieferten Labor in Südkorea wurde später gemeldet, dass bis zu 22 Mitarbeiter bei einer Schulung mit der Anthrax-Probe in Kontakt gekommen seien. Bisher habe keiner von ihnen über Symptome geklagt, teilte der Luftwaffenstützpunkt Osan am Donnerstag mit. Das Labor rund 105 Kilometer südlich von Seoul sei sofort nach Bekanntwerden einer möglichen Gefährdung abgesperrt und dekontaminiert worden.

Die USA hatten den tödlichen Milzbranderreger Bacillus anthracis in der Vergangenheit für ein Biowaffenprogramm verwendet. 1975 ratifizierte Washington allerdings einen internationalen Vertrag zum Verzicht auf Biowaffen. Die Gefährlichkeit von Anthrax wurde in den USA im Jahr 2001 auf drastische Weise deutlich, als durch anonym verschickte Briefe mit dem Erreger fünf Menschen getötet wurden.

Schlampiger Umgang

Vergangenes Jahr waren staatliche Einrichtungen in den USA immer wieder wegen eines schlampigen Umgangs mit gefährlichen Substanzen in die Kritik geraten. Die CDC schloss zwei ihrer Labore, eines davon wegen unsachgemässen Umgangs mit Anthrax.

Ermittler des Landwirtschaftsministeriums entdeckten vergangenes Jahr, dass Anthrax-Proben in nicht verschlossenen Kühlschränken in einem frei zugänglichen Flur gelagert wurden. Ausserdem wurde gefährliches Material in Plasticbeuteln transportiert, die ganz einfach zu öffnen waren.

Zum Thema