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Die Klägerin, Hundehalterin Almut B, und ihr Rechtsanwalt im Verwaltungsgericht in Berlin.

© dpa

Teurer Feuerwehreinsatz in Berlin: Besitzerin zahlt 10.000 Euro für Hunde-Rettung

Das war ein teurer Waldspaziergang: 10.000 Euro zahlt die Besitzerin eines Hundes, der von der Berliner Feuerwehr aus einem Dachsbau gerettet werden musste.

Von Fatina Keilani

Almut Böttcher ist eine attraktive, schick angezogene Frau Mitte 40 und von Beruf Tierärztin. Wegen dieses Jobs kann sie ihren Hund Skipper nicht immer selbst spazieren führen. Im November 2012 ging daher ihr Ex-Mann mit dem Foxterrier in den Tegeler Forst. Plötzlich riss sich der Hund los und verschwand samt Leine in einem Dachsbau; er kam nicht allein wieder heraus. Was dann folgte, war ein siebenstündiger Feuerwehr-Großeinsatz. Im März 2013 bekam Böttcher die Rechnung: 13 143,15 Euro sollte sie für Skippers Rettung zahlen. Das fand sie viel zu teuer – und klagte. Am Mittwoch verhandelte nun die erste Kammer des Verwaltungsgerichts über die Sache – und Richter Wilfried Peters machte der Frau wenig Hoffnungen zu gewinnen. Der Rechtsstreit endete in einem Vergleich. Nun muss Böttcher 10 000 Euro zahlen.
Dass es so teuer wurde, hat sie zum Teil zwei anderen Klägern zu verdanken, die im Jahr 2011 die Feuerwehrbenutzungsgebührenordnung zu Fall brachten. Seitdem muss die Feuerwehr minutengenau abrechnen – und bei einem mehr als siebenstündigen Einsatz mit 23 Mann kommt einiges zusammen.

Da bist du ja! Almut Böttcher schließt im November 2012 ihren Hund Skipper in die Arme. Das Tier war in einem Dachsbau verschwunden und konnte nicht allein heraus. 23 Feuerwehrleute gruben stundenlang und metertief, bis sie Skipper fanden.
Da bist du ja! Almut Böttcher schließt im November 2012 ihren Hund Skipper in die Arme. Das Tier war in einem Dachsbau verschwunden und konnte nicht allein heraus. 23 Feuerwehrleute gruben stundenlang und metertief, bis sie Skipper fanden.

© schroeder

Doch brauchte es überhaupt so viel Aufwand, um den kleinen Hund auszubuddeln? Der Einsatzleiter, Brandamtsrat Jürgen Stumpe, schilderte vor Gericht die Situation in jener Nacht: „Der Einsatz begann um 18.19 Uhr mit einem LHF und einem TLF und Kräften der freiwilligen Feuerwehr Tegelort.“ Ein LHF ist ein Lösch-Hilfeleistungsfahrzeug, ein TLF ist ein Tanklöschfahrzeug mit Allradantrieb und somit geländegängig. Der Dachsbau samt Hund befand sich 150 Meter in den Wald hinein, und es war dunkel. Die eingetroffenen Kräfte alarmierten weitere. Gut zwei Stunden nach Einsatzbeginn traf Stumpe ein. „Alles musste von Hand in den Wald geschleppt werden, ich brauchte allein zwei Fahrzeuge zum Ausleuchten des Weges und der Einsatzstelle, und weitere für Personal und Material“, sagte Stumpe. Er habe weitere Fahrzeuge angefordert. Es wurde zweieinhalb bis drei Meter tief nach dem Hund gegraben, acht Mann trugen Schuttmulden voller Aushub weg. Und niemand könne sieben Stunden nonstop graben, die Kollegen hätten einander abgelöst.

Der Anwalt der Klägerin: Taschenlampen hätten gereicht

Böttchers Anwalt Christoph Reusch bestritt, dass das alles nötig war. „Zehn Leute hätten gereicht“, meinte er. „Und eine Lampe für die Einsatzstelle, aber für den Weg dorthin hätten ja wohl Taschenlampen gereicht.“ – „Aber dann hätten die Männer auf dem Weg die Hände nicht freigehabt“, wandte Feuerwehrjuristin Anja Waechter ein. Schließlich hätten auch alle Teile wie Spaten und Schuttmulden getragen werden müssen. Nach mehr als sieben Stunden konnte der Hund seinem Frauchen um 1.33 Uhr endlich übergeben werden. Das Technische Hilfswerk schüttete die Krater wieder zu und stellte keine Rechnung.

Das beklagte Land Berlin ließ sich schließlich eins der fünf eingesetzten Fahrzeuge samt sechs Mann Personal und einige Einsatzminuten eines weiteren Fahrzeugs abhandeln, so dass am Ende 10 000 Euro herauskamen, über die nun ein neuer Bescheid erteilt wird. Die Klägerin willigte ein. 5000 Euro zahlt ihre Haftpflichtversicherung, die anderen 5000 muss sie aus eigener Tasche drauflegen. Da nach dem Gesetz der Tieraufseher ebenfalls haftet, könnte sie allenfalls ihren Ex-Mann zur Kasse bitten.

Durch den Vergleich konnte sich das Verwaltungsgericht die Befassung mit den genauen Voraussetzungen des Erstattungsanspruchs sparen. Der Anspruch ergibt sich aus dem Berliner Feuerwehrgesetz in Verbindung mit der Regelung über die Gefährdungshaftung für Tiere im Bürgerlichen Gesetzbuch. Danach haften Halter für Personen- und Sachschäden, die ihr Tier verursacht, und zwar verschuldensunabhängig. Wäre der Hund ein Nutztier, so könnte sich der Halter unter bestimmten Voraussetzungen exkulpieren, aber der Hund ist juristisch ein „Luxustier“, für das voll gehaftet wird, auch wenn den Halter keine Schuld trifft. Der Gedanke hinter dieser 1908 eingeführten Regelung ist, dass dem Hund ein reines „Affektionsinteresse“ gilt, er ist also Liebhaberei. Ein Nutztier hingegen dient einem wirtschaftlichen Interesse. Juristisch war das Ganze auch für die Kammer Neuland, denn Skipper hat ja nicht direkt einen Schaden angerichtet. Er ist bloß seinem Jagdinstinkt gefolgt und im Dachsbau gelandet. Die Kosten der Rettungsaktion sind eher ein mittelbarer Schaden, den der Terrier provoziert hat. Almut Böttcher ist heute so froh wie damals, dass der geliebte Hund wieder da ist. Auf die Frage, ob sie in einem ähnlichen Fall wieder die Feuerwehr rufen würde, sagte sie nach der Gerichtsverhandlung: „Ja, natürlich.“

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