Taifun über Südostasien:Millionen Menschen von "Haiyan" betroffen

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Überlebende suchen nach Wasser und Essen, Hilfslieferungen gelangen nicht in verwüstete Regionen, die Seuchengefahr steigt. Die Zerstörung, die Taifun "Haiyan" auf den Philippinen angerichtet hat, ist verheerend. Der Sturm hat mittlerweile China erreicht und fordert auch dort erste Menschenleben.

Der Sturm Haiyan hat nach seinem verheerenden Weg durch die Philippinen auch in der südchinesischen Provinz Hainan Tod und Zerstörung verursacht. Mindestens drei Menschen starben, als heftiger Sturm und sintflutartige Regenfälle an diesem Montag auf die östlich von Nordvietnam gelegene Inselprovinz niedergingen. Das teilte das Büro für zivile Angelegenheiten der Region mit. 39.000 Bewohner mussten in Sicherheit gebracht werden. Eine siebenköpfige Crew eines Frachtschiffs wird vor der Küste Hainans vermisst. Auch die nahe gelegenen südchinesischen Provinzen Guangxi und Guangdong wurden von Ausläufern Haiyans getroffen.

Der Taifun hatte am Wochenende die Philippinen ins Chaos gestürzt. Mehr als eine halbe Million Menschen verloren ihre Häuser oder mussten fliehen, berichteten die Vereinten Nationen. Viele davon hätten auch am dritten Tag nach dem Sturm keinen Zugang zu Lebensmitteln, Trinkwasser oder Medikamenten. Insgesamt seien 9,5 Millionen Menschen durch die Folgen Haiyans betroffen, sagte UN-Generalsekretär Ban Ki Moon.

Taifun "Haiyan"
:Keine Nahrung, kein Wasser, kein Strom

Der Taifun "Haiyan" ist die größte Naturkatastrophe, die die Philippinen je ereilt hat. Regierungen und Organisationen weltweit schicken Hilfe, während die Retter vor Ort versuchen, zu den Überlebenden vorzudringen. Durch die betroffenen Gebiete zieht sich eine Spur der Verwüstung.

Bilder aus der zentralphilippinischen Inselgruppe der Visayas erinnern an die Verwüstung nach dem verheerenden Tsunami 2004. Die Behörden appellieren an die Bevölkerung, Geduld zu haben. Viele hatten in ihrer Verzweiflung am Wochenende Geschäfte geplündert. Ein Hilfskonvoi wurde nach Angaben des Roten Kreuzes gestoppt und ausgeraubt. "Wir haben nichts, hier kommt nichts an", berichtete eine Einwohnerin aus der fast vollkommen zerstörten Stadt Tacloban auf der Insel Leyte im Rundfunk. "Bitte, bitte schickt uns Hilfe!"

Hunger lässt die Menschen durchdrehen

Der amerikanische Nachrichtensender CNN zitiert eine Betroffene, die am Flughafen Tacloban auf eine Möglichkeit wartet, aus dem Katastrophengebiet auszureisen; "Sorgen Sie dafür, dass internationale Hilfe hier ankommt - nicht morgen, sondern jetzt", sagt die Frau, "das hier ist wirklich schlimm, es ist schlimmer als die Hölle." Wegen des verschmutzten Trinkwassers, fehlender sanitärer Anlagen und der zerstörten medizinischen Grundversorgung besteht in der Region Seuchengefahr.

MeinungInternationale Klimapolitik
:Eine Botschaft namens "Haiyan"

So verheerend "Haiyan" jetzt ist, in der wachsenden Liste der Extreme wird er bald nur ein Taifun von vielen sein. Der Weltklimakonferenz, die von Montag an in Warschau stattfindet, führt "Haiyan" vor Augen: Wer die kurzfristigen Kosten im Kampf gegen den Klimawandel scheut, muss langfristig den Preis zahlen.

Ein Kommentar von Michael Bauchmüller

Überlebende suchen in Trümmerwüsten verzweifelt nach Essbarem und Trinkwasser. Die Hilfe kommt nur schleppend an, weil Flughäfen und Straßen zerstört sind. Im Hafen von Tacloban in der Provinz Leyte kam nach Angaben des Roten Kreuzes am Sonntagabend ein Versorgungsschiff mit 140 Tonnen Hilfsgütern an. Aus Frankfurt wurden am Sonntag 25 Tonnen Hilfsgüter nach Manila geflogen, darunter Decken, Zelte und Medizintechnik der Hilfsorganisationen World Vision und I.S.A.R Germany. Auch Experten des Technischen Hilfswerks THW waren auf dem Weg.

Die Polizei hat inzwischen Hundertschaften zur Verstärkung nach Tacloban geschickt. Dort soll eine Ausgangssperre verhängt werden, um Plünderungen zu vermeiden, berichteten Lokalmedien. "Die Leute sagen, die Situation zwinge die Menschen zu Verzweiflungstaten", sagte Polizeisprecher Reuben Sindac im Fernsehen. "Wir haben Verständnis, aber wir können keine Anarchie akzeptieren."

Vietnam größtenteils verschont

Haiyan war der gewaltigste Taifun, der je Land erreicht hat. Er hinterließ am Freitag eine Schneise der Verwüstung über Hunderte Kilometer hinweg. Präsident Benigno Aquino warf nach einem Besuch im Katastrophengebiet die Frage auf, warum die Behörden nicht mehr Menschen vorher in Sicherheit gebracht haben. Die Polizei sprach von mindestens 10.000 Toten allein in der Provinz Leyte.

Vietnam ist dagegen von einer Katastrophe verschont geblieben. Nachdem sich der Wirbelsturm deutlich abgeschwächt hatte, traf er am Montag auf die vietnamesische Küste. Provinzen im nördlichen Teil des Landes meldeten heftigen Wind, starken Regen und Überschwemmungen, berichtete die Wetterbehörde. Auch die bei Touristen populäre Ha-Long-Bucht war betroffen. Dort wurden nach Angaben des Katastrophenschutzes Bäume entwurzelt. Meldungen über Tote hat es bislang jedoch nicht gegeben. "Wir sind froh, dass der Sturm nicht so schlimm war wie zunächst befürchtet", sagte Francis Markus, Sprecher des Roten Kreuzes.

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