Der ehemalige Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg hat sich zum ersten Mal seit seinem Rücktritt im März öffentlich zu dem Vorwurf geäußert, große Teile seiner Doktorarbeit abgeschrieben zu haben. In einem Interview, das an diesem Donnerstag in der ZEIT erscheint, spricht Guttenberg zudem über seine mögliche Rückkehr in die deutsche Politik und die Chancen einer neuen konservativen Partei.

Guttenberg nennt seine Doktorarbeit in dem Gespräch "die denkbar größte Dummheit meines Lebens" und einen "ungeheuerlichen Fehler", den er "von Herzen bedauere". Der grundlegende Fehler bei der Erstellung der Arbeit sei seine Arbeitsweise gewesen. "Ich war ein hektischer und unkoordinierter Sammler. Immer dann, wenn ich das Gefühl hatte, dass etwas zu meinem Thema passt, habe ich es ausgeschnitten oder kopiert oder auf Datenträgern sofort gespeichert oder direkt übersetzt." Auch aus dem Internet habe er Textstellen herausgezogen und abgespeichert. "Eigentlich war das eine Patchworkarbeit, die sich am Ende auf mindestens 80 Datenträger verteilt hat."

Der größte Fehler sei gewesen, dass er den Zitaten- und Fußnotenapparat nicht gleichzeitig oder wenigstens zeitnah abgeschlossen habe, sagt Guttenberg. "Ich wusste offensichtlich später auch nicht mehr, an welchem Text ich selbst bereits gearbeitet hatte, welcher Text mein eigener und welcher möglicherweise ein Fremdtext war, insbesondere beim Zusammenfügen dieser Bruchstücke."

Guttenberg nennt zwei Vorwürfe, die er sich selbst mache. Einmal habe er während seines beruflichen Engagements den Zeitpunkt verpasst, zu sagen: Ich schaffe diese Arbeit nicht mehr. Zum zweiten habe er die Augen vor dieser Überforderung verschlossen. "Das politische Leben hat mich nicht überfordert, wohl aber die parallele wissenschaftliche Arbeit."

Den Vorwurf, jemand anderes habe Teile der Arbeit für ihn geschrieben, weist Guttenberg zurück. Er habe auch niemanden vorsätzlich getäuscht. "Wenn ich die Absicht gehabt hätte, zu täuschen, dann hätte ich mich niemals so plump und dumm angestellt, wie es an einigen Stellen dieser Arbeit der Fall ist." Es sei kein Betrug gewesen.

Auf die Frage, warum er acht Monate nach dem Bekanntwerden der Plagiatsvorwürfe nicht einfach sage: Ich habe abgeschrieben, antwortet Guttenberg: "Ich sage es doch. Es ist nur eine Frage, wie man das sagt. Weil es ein Unterschied ist, ob man das absichtlich macht oder ob das Abschreiben das fatale Ergebnis einer chaotischen und ungeordneten Arbeitsweise ist. Das ist für mich ganz wichtig, weil es auch etwas mit der eigenen Ehre zu tun hat."

Befragt, ob er sich vorstellen könne, in die deutsche Politik zurückzukehren, sagt Guttenberg, er werde mit Sicherheit in sein Heimatland zurückkehren und ein politischer Kopf bleiben. "Ob eine Rückkehr mit einem politischen Engagement welcher Art auch immer verbunden sein wird, ist heute gänzlich offen. Dass ich ein politischer Mensch, ein Zoon politikon, bleibe, steht außer Frage."

Einer neuen konservativen Partei billigt Guttenberg Chancen zu, sieht diese aber nicht am rechten Rand des politischen Spektrums verortet. Jede neue Partei wäre heute vielmehr in der Mitte erfolgreicher als am Rand, sagt er. "Es herrscht eine große Sehnsucht nach der Mitte." In den Augen eines erheblichen Teils der Bevölkerung sei dieser Platz verwaist, auch wenn er von fast allen Parteien beansprucht werde. "Sie wird nur noch mit Phrasen und mit den immergleichen Scharmützeln bespielt." Auch die Union laufe Gefahr, ihren Platz dort zu verlieren. "Die Union sitzt noch in der Mitte, aber sie ist dort lange nicht mehr so erkennbar, wie sie es sein könnte. Sie sitzt eben und steht nicht."

Eine neue Partei könnte dann erfolgreich sein, wenn sie zunächst eine Programmatik so deutlich entwickeln würde, dass Querulanten und "gewisse Randgruppen" nicht auf die Idee kämen, mit ihr zu kokettieren. "Ein klares Bekenntnis zu Israel beispielsweise würde den rechten Rand wohl abschrecken." Zudem bräuchte es Köpfe, die über jeden Zweifel erhaben seien, mit tumbem Extremismus in Verbindung zu stehen. Auf die Frage, ob er selbst von Leuten kontaktiert worden sei, die vorhaben, eine solche Partei zu gründen, sagte Guttenberg: "Es finden manchmal die lustigsten und skurrilsten Kontakte statt."

Das Interview von Giovanni di Lorenzo mit Karl-Theodor zu Guttenberg in der ZEIT ist ein Auszug aus einem Gesprächsband, der am 29. November unter dem Titel "Vorerst gescheitert" im Herder-Verlag erscheint.