Die Bundeswehr ist allenfalls bedingt einsatzbereit. Sie wurde in den vergangenen auf Verschleiß gefahren. Doch von ihrem ranghöchsten Soldaten hörte man wenig. Jochim Stoltenberg über Mitverantwortung.

Die Bundeswehr, während des Kalten Kriegs an vorderster Front verlässlichster Bündnispartner in der Nato, ist zur Rumpeltruppe abgerüstet. In Erwartung des ewigen europäischen Friedens hat sich die Politik seit Anfang der neunziger Jahre parteiübergreifend auf eine Friedensdividende verständigt, die die jeweiligen Verteidigungsminister aus ihrem Etat auszuzahlen hatten. Daran änderte sich auch nichts, als die Bundeswehr in immer neue Auslandseinsätze befohlen wurde. Dass die mit hohem Materialverschleiß und zusätzlichen Kosten verbunden sind, ging in die Planung nicht mit ein. So wurde auf Verschleiß gefahren. Dass rächt sich jetzt, da immer weniger Flugzeuge und Hubschrauber fliegen, beim Heer viel zu viel Transportpanzer „Boxer“ technisch k.o in der Halle stehen. Aber ist dafür wirklich allein die erst ein Jahr amtierende Verteidigungsministerin verantwortlich?

Natürlich muss Ursula von der Leyen nicht nur für schöne Fotos, sondern auch für alles, was schief läuft in und um den Berliner Bendler-Block ihren Kopf hinhalten. Aber was ist eigentlich mit den Generälen, dem Generalinspekteur wie den Inspekteuren der Teilstreitkräfte Heer, Luftwaffe und Marine? Wann haben sie bei der Ministerin oder deren Vorgängern ihre mahnende Stimme erhoben? Wann vor nicht länger verantwortbarem Materialverschleiß gewarnt? Wann Aufträge und Einsatzbereitschaft in Frage gestellt? Das wäre zumindest die Aufgabe, ja Pflicht des Generalinspekteurs gewesen. Der heißt seit 2010 Volker Wieker und trägt vier goldene Generalssterne.

Als ranghöchster Soldat der Bundeswehr ist er militärischer Berater der Ministerin wie der Bundesregierung insgesamt. Er verantwortet die Gesamtkonzeption der militärischen Verteidigung, die Einsätze der Bundeswehr sowie die Bundeswehrplanung. Und ihm unterstehen die Inspekteure der drei Teilstreitkräfte. Soweit zumindest öffentlich bekannt, hat Wieker sich auf’s Schönreden beschränkt statt eindringlich vor den sich dramatisch beschleunigenden Mängeln zu warnen. Noch im Juni hat er in einem Zeitungsinterview behauptet, die Modernisierung der Bundeswehr liege im Plan. In der vergangenen Woche musste Wieker im Verteidigungsausschuss den Offenbarungseid leisten – die Truppe ist allenfalls bedingt einsatzbereit.

Das spricht nicht gerade für vorbildliche Auftragserfüllung des Generalinspekteurs. Welche Konsequenz die nur bedingt verantwortliche Ministerin daraus zieht, bleibt abzuwarten.