BILD-Serie Teil 3: Die bittere Wahrheit über unsere Schulen

Heinz Buschkowsky, Bürgermeister des Berliner Problem-Bezirks Neukölln,
 beschreibt in seinem neuen Buch, warum er Multikulti für gescheitert hält

Von: Von HEINZ BUSCHKOWSKY

Heinz Buschkowsky (64, SPD) – kaum ein Politiker
 spricht so offen wie er! Der Bürgermeister von Berlin-Neukölln beschreibt in seinem neuen Buch* den oft
 problematischen Alltag in seinem Bezirk mit 41 %
 Migrationsanteil.

Im Vorwort stellt er aber auch klar: „Ich bin nur der Bürgermeister eines Berliner Bezirks, kein Wissenschaftler. Die Welt, die ich beschreibe, 
ist die Neuköllner Welt. Insofern verschreibt dieses Buch nicht zwingend Rezepte. Ausschließen kann ich
 es aber nicht. Denn es gibt viele Neuköllns. Sie heißen nur anders.“

BILD druckt exklusiv Auszüge.

In unseren Grundschulen unterrichten wir rund 14 100 Schüler, von denen 9300 einen Migrationshintergrund haben; das sind 66 %.

Im Norden (von Neukölln, die Red.) sind es 87 %; 6300 von 7200 Schülern. Klassen mit gar keinen oder nur einigen wenigen Schulkindern deutscher Herkunft sind hier keine Seltenheit.

Die Frage, wer hier wen wohin integriert, stellt sich da schon lange nicht mehr.

Die einzigen Repräsentanten der deutschen Gesellschaft sind häufig nur noch die Lehrerinnen und Lehrer oder in den Kindergärten die Erzieherinnen und Erzieher.

Ein interkultureller Transfer zwischen Kindern deutscher und nicht deutscher Herkunft ist eher die Ausnahme.

Der Anteil der Schüler nicht deutscher Herkunftssprache sagt für sich genommen kaum etwas über das soziale Gefüge in den Schulen aus.

Erst in Kombination mit der Freistellung von der Zuzahlung bei den Lernmitteln entsteht ein Bild. Nichts zu den Lernmitteln beisteuern müssen alle Erziehungsberechtigten, die öffentliche Leistungen wie Hartz IV, Sozialhilfe, Wohngeld oder Bafög beziehen.

Der Anteil betrug im Schuljahr 2011/2012 in ganz Neukölln 55 % und im Norden 79 %. Hier weisen nicht wenige Schulen sogar Befreiungen von über 90 % aus.

Die Befreiungen bedeuten, dass in einer Schule 80 %, 90 % oder fast alle Eltern keiner geregelten, offiziellen Arbeit nachgehen.

Den nicht fassbaren Teil der Aufstocker, also der Erwerbstätigen, die wegen ihres niedrigen Einkommens ergänzende öffentliche Leistungen erhalten, lasse ich an dieser Stelle einmal bewusst außen vor.

Hieraus folgt, dass die Kinder in diesen Familien ohne den Einfluss der natürlichsten und entscheidendsten Triebfedern unseres menschlichen Seins sozialisiert werden: einen Lebensentwurf fertigen, ein Ziel haben, Leistung erbringen, Pläne verwirklichen, über Erreichtes Genugtuung empfinden, Misserfolge und Rückschläge verkraften.

Die Kinder erleben nie, dass Vater und Mutter regelmäßig früh aufstehen und dann abends strahlend nach Hause kommen, weil sie Erfolg hatten, oder betrübt sind, weil es einen Misserfolg bei der Arbeit gab.

Die Wechselfälle des Lebens gehen nicht in die Erlebniswelt dieser Kinder ein und bereiten sie nicht auf eigene Lebenserfahrungen vor.

Wenn die Lehrerin sie anfeuert: „Ihr müsst tüchtig lernen, damit ihr einen guten Schulabschluss macht, einen tollen Beruf erlernen könnt und viel Geld verdient, damit ihr eine schöne Frau heiraten und einen schwarzen BMW fahren könnt“, dann sagen unsere Kinder: „Aber Frau Lehrerin, das Geld kommt doch vom Amt.“

Das sagen sie nicht, weil sie die Lehrerin ärgern wollen, sondern weil sie es nicht anders kennen. Kinder sind immer nur unser Spiegel.

Wir haben dieses Jahr insgesamt 39 % aller Einwandererkinder eingeschult mit gar keinen oder nur sehr fehlerhaften Deutschkenntnissen.

Wir schulen Kinder der dritten oder vierten Einwanderergeneration ein, die der Landessprache nicht mächtig sind. Von denen fast 10 % sogar ohne jeden Bezug zur Sprache sind.

Obwohl zumeist einer der Elternteile in Deutschland geboren und aufgewachsen ist.

Wo haben sie bisher gelebt? Wie wird in der Familie gesprochen? Welcher Fernsehsender ist eingeschaltet?

Ich glaube, wir alle können diese Fragen beantworten: Man spricht die Sprache aus dem Dorf von Opa. Wir sind und bleiben Türken, Araber, Somalier oder was auch immer.

Das ist eben der Unterschied zu Einwanderern in den USA. Diese wollen Amerikaner werden. Die Menschen aber, über die ich spreche, wollen keine Deutschen werden.

Deswegen leben und bleiben sie in ihrer Welt, und deswegen bemühen sie sich nicht, aktiv das deutsche oder mitteleuropäische Wertesystem zu erfassen.

Es ist auch leicht für sie, diesen Weg zu wählen. Man muss in Stadtlagen wie Neukölln nicht die deutsche Sprache beherrschen. Das Alltags- und Dienstleistungsangebot der eigenen Ethnie ist inzwischen perfektioniert und vollkommen.

Benötigt man einen Behördenkontakt, regelt das ein Bekannter als Sprachmittler, oder man besteht auf einem Dolmetscher.

Wird diesem Willen nicht nachgegeben, gerät die Behörde in die Kritik, weil sie nicht kultursensibel ist.

Nehmen wir als Beispiel die türkischstämmigen Migranten. Machen sie sich in Anatolien wirklich auf und verabschieden sich mit den Worten „Ich gehe und will Deutscher werden“? Wohl kaum.

Der Abschiedsgruß lautet vermutlich eher: „Ich gehe Deutschland.“ Auslöser für eine solche Entscheidung sind nicht selten glorifizierende Berichte über ein dem Paradies gleichendes Land, in dem Wohlstand und Geld ohne Mühsal auf jeden warten.

Ein türkischstämmiger Migrant muss seinen Integrationswillen nicht dadurch unter Beweis stellen, dass er Lederhosen anzieht, Bier nicht unter einem Mengenmaß von einem Liter in sich hinein tut und zum Frühstück Weißwurst isst.

Es reicht völlig aus, wenn er die tragenden Grundsätze unserer Verfassung als bestimmende Elemente auch seines Lebens und des Lebens seiner Familie akzeptiert.

Wenn er sich bemüht, zumindest die Grundkenntnisse der Landessprache zu erlernen, um mit den anderen Bürgern der Gesellschaft kommunizieren zu können, seine Kinder in die Schule schickt und den Müll zur Mülltonne trägt, anstatt ihn vom Balkon zu werfen.

Wer sich nicht anpassen will oder kann, sollte nicht wandern.

Aus dem Vorstehenden folgt für mich der Lehrsatz Nummer eins: Integration und die Bereitschaft dazu sind an erster Stelle eine Bringschuld der Hinzukommenden.

Wir sind mit den Regeln, die wir haben, zufrieden.

Wer zu uns kommt, muss sie bejahen und sich an der Mehrung des Wohlstands dieser Gesellschaft aktiv beteiligen – ist es nicht das Recht einer jeden Gesellschaft, das zu sagen?

Morgen lesen Sie: Die bittere Wahrheit über Gewalt & Kriminalität

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