Normalerweise wäre er jetzt unterwegs, mit dem RE1 zwischen Frankfurt/Oder und Magdeburg. Aber seit Dienstag streikt die Gewerkschaft der Lokführer (GDL) – und als Ortsgruppenleiter ist Bernd Homann natürlich an vorderster Front dabei. Mit allen Konsequenzen, natürlich auch finanzieller Art. "Streik bleibt immer ein Minusgeschäft", sagt Homann.               

Trotzdem unterstützt er die harte Linie seines Gewerkschaftschefs Claus Weselsky. Wenn man jetzt schon in den achten Streik treten müsse, dann aber auch richtig, so die Logik. Es soll weh tun, damit die Deutsche Bahn endlich einlenkt. Und entsprechend erlebt Deutschland gerade den längsten Streik der Lokführer in der Geschichte des Konzerns.

Wenn Homann streikt, erhält er statt des Lohns ein Streikgeld von seiner Gewerkschaft – das natürlich das übliche Gehalt nicht vollständig kompensiert. Seit der Erhöhung im vergangenen Dezember zahlt die GDL zehn Euro pro Stunde, maximal 75 Euro am Tag.    

Das ist bekannt.

Viel mehr aber auch nicht. Denn wenn es ums Geld geht, werden auch die sonst so für Transparenz plädierenden Gewerkschaften extrem wortkarg. Zahlen darüber, wie gut die Streikkassen gefüllt ist, sind nicht erhältlich. Auf keinen Fall wollen die Gewerkschaften den Arbeitgebern Hinweise geben, wie lange sie Arbeitskämpfe finanzieren können.

Klar ist, dass dieser Streik eine große finanzielle Herausforderung für die GDL ist: Die Gewerkschaft geht allein am Dienstag von insgesamt 3.000 streikenden Lokführern und Zugbegleitern aus. Sollte sich das in den kommenden Tagen so fortsetzen, würde die GDL der sechstägige Streik mindestens 1,35 Millionen Euro kosten. Das stemmt sie aus der Streikkasse, für die jedes Jahr eine Summe zur Seite gelegt wird.

Die millionenschweren Streikkosten muss die GDL allerdings nicht alleine stemmen, denn die Dachgewerkschaft dbb beamtenbund und tarifunion springt ihr bei. Es ist eine Kuriosität, denn Beamten ist das Streikrecht verwehrt – ausgerechnet sie finanzieren nun die streikenden Kollegen mit. Das ist historisch begründet, schließlich vertrat vor der Semi-Privatisierung der Deutschen Bahn der Beamtenbund auch die verbeamteten Lokführer. Inzwischen werden die Lokführer nur noch angestellt.

Ablauf in Beamtenmanier

Nichtsdestotrotz gewährt der dbb finanzielle Streikhilfe. Der Ablauf ist in bester Beamtenmanier organisiert: Jede der 43 Mitgliedsgewerkschaften des dbb kann im Fall eines Streiks einen Antrag auf finanziellen Zuschuss stellen. Grundlage ist ein Wortungetüm, die Streikgeldunterstützungsordnung. Ob es Geld gibt, wird in jedem Fall neu entschieden. Und wieder einmal gilt: Über die Höhe des Zuschusses wird nicht geredet. "Das ist eine Familienangelegenheit", wiegelt eine Sprecherin ab. In der Vergangenheit waren es aber bis zu 50 Euro pro Tag. Den Streikzuschuss finanziert der dbb nicht aus den Mitgliederbeiträgen, sondern aus einem separaten Aktionsfonds

Klar ist, dass der Fonds offenbar gut ausgestattet ist. Der dbb gilt als finanzstarke Dachgewerkschaft, ebenso die GDL, weil früher ihre Mitglieder nicht streiken durften und entsprechend ein Vermögen angesammelt werden konnte. Die Finanzlage ist offenbar so solide, dass zumindest der dbb sogar unbefristeten Streiks wie dem geplanten Arbeitskampf der Kita-Erzieherinnen Ende der Woche gelassen entgegen sieht.

Der aktuelle Bahnstreik wird wohl durch vieles beendet: durch ein Einknicken der Deutschen Bahn oder der GDL, durch ein Gericht, durch einen Schlichter. Aber wohl kaum wegen einer leeren Streikkasse.