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Steigende EEG-Umlage Verbrauchern drohen höhere Stromkosten

Die EEG-Umlage klettert auf ein neues Rekordhoch: Der Aufschlag zur Finanzierung der Energiewende steigt nach Informationen von SPIEGEL ONLINE wieder, nachdem er 2014 gesunken war. Die Opposition vermutet dahinter Wahlkampftaktik.
Windräder: 84 Euro zahlen Haushalte im Schnitt pro Monat für Strom

Windräder: 84 Euro zahlen Haushalte im Schnitt pro Monat für Strom

Foto: Patrick Pleul/ picture alliance / dpa

Stromkunden kennen sie nur aus dem Kleingedruckten ihrer Rechnung, doch für Experten ist sie einer der wichtigsten Gradmesser für den Preis der Energiewende - und somit ist sie eine hochpolitische Zahl: die EEG-Umlage.

Jedes Jahr Mitte Oktober wird ihre Höhe festgelegt, am Donnerstag soll sie bekanntgegeben werden. Sie wird von derzeit 6,17 Cent auf nunmehr 6,35 Cent steigen. So hat es SPIEGEL ONLINE aus voneinander unabhängigen Quellen erfahren. Damit würde der Aufschlag, wenn auch moderat, steigen, nachdem er im vergangenen Jahr erstmals leicht gesunken war.

Die EEG-Umlage setzt sich aus der Differenz zusammen zwischen dem Preis, den die Kilowattstunde an den Großhandelsbörsen kostet, und dem, was die Hersteller von Ökostrom als Vergütung bekommen. Er variiert je nachdem, ob es ein sonnen- und windreiches Jahr war, wie hoch die Vergütungssätze vom Gesetzgeber festgelegt wurden und wie viel neue Kapazitäten von Ökostrom ans Netz gegangen sind.

Außerdem spielt auch der Großhandelspreis eine sehr wichtige Rolle. Sinkt er an den Börsen, dann steigt auch die EEG-Umlage - und genau das tun die Preise derzeit, auch wenn der Stromkunde davon nicht viel mitbekommt. Stromhändler zahlen derzeit nur noch rund drei Cent pro Kilowattstunde an der Börse, weil das Angebot an Elektrizität durch den Zubau der Erneuerbaren und die unvermindert laufenden Kohle- und Atomkraftwerke zu einer immensen Überproduktion in Deutschland führt.

Jedes Jahr beginnt deshalb erneut ein Gezerre zwischen Stromwirtschaft und Bundeswirtschaftsministerium um die Höhe der EEG-Umlage.

Minister Sigmar Gabriel (SPD) steht dabei unter großem Druck, weil er mit dem Versprechen von sinkenden oder gleichbleibenden Strompreisen angetreten ist. Die Übertragungsnetzbetreiber, die für das Errechnen des Ökostrom-Aufschlages eigentlich verantwortlich sind, und ihre Aufsichtsbehörde, die Bundesnetzagentur, behaupten unisono, die EEG-Umlage werde streng nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten berechnet.

Doch besteht in der exakten Summe eine gewisse Flexibilität, die sich auch daraus ergibt, dass es eine Art Guthabenkonto für die Umlage gibt, aus dem die Ökostrombetreiber für ihre Dienste bezahlt werden. Derzeit ist sie mit über zwei Milliarden Euro viel höher im Plus, als noch im vergangenen Jahr. Es wäre also durchaus genügend Finanzpolster übrig gewesen, die eine leichte Senkung der EEG-Umlage zugelassen hätten.

Künstlich nach oben getrieben?

Die Opposition wittert deshalb Einflussnahme aus dem Bundeswirtschaftsministerium bei der Festlegung der Abgabe. Der Grünen-Energieexperte Oliver Krischer etwa sieht keinen Grund, warum die Umlage angehoben werden muss - außer, dass Minister Gabriel ein ordentliches EEG-Polster anhäufen will. "Er dreht die EEG-Umlage in diesem Jahr künstlich nach oben, damit er sie im kommenden Jahr für das Wahljahr 2017 senken kann", so die Vermutung des Bundestagsabgeordneten.

Sachliche Gründe, so sieht es Krischer, gebe es nicht. Denn der Ausbau von Solaranlagen sei weitgehend zum Erliegen gekommen, für Windanlagen an Land erwartet er im kommenden Jahr das gleiche. Allerdings wird im nächsten Jahr eine ganze Reihe von Offshore-Windparks in Betrieb genommen. Deren Vergütungssätze sind hoch, weshalb Belastungen für den Stromkunden anstehen.

Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel wird nicht umhinkommen, in der nächsten Zeit auch ein Steigen anderer Abgaben auf den Strompreis bekannt zu geben. So werden die Zuschüsse der Stromkunden für Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen, die sowohl Strom als auch Fernwärme herstellen, steigen. Um die Klimaziele zu erreichen, hatte die Große Koalition diesen Sommer beschlossen, diesen Bereich stärker zu fördern.

Hinzu kommt eine neue Abgabe für eine Reihe von Braunkohlekraftwerke, die aus dem Strommarkt herausgenommen werden sollen und nur mehr als Reserve in Zeiten von Stromknappheit bereitstehen sollen. Die Energiekonzerne Vattenfall, RWE und Mibrag erhalten dafür eine milliardenhohe Entschädigungssumme - die dann ebenfalls auf den Stromkunden umgelegt werden soll. Über deren Höhe feilschen derzeit Konzerne und Wirtschaftsministerium. Fachleute halten es für denkbar, dass Stromkunden durch die Summe der Abgabensteigerungen mindestens einen Cent mehr zahlen müssen.

Der Preissprung bei den Abgaben könnte für die Stromkunden höchstens dadurch kompensiert werden, dass Elektrizitätswerke den an den Börsen weiter sinkenden Strompreis an die Endverbraucher weiterreichen. Das liegt allerdings nicht in den Händen des Wirtschaftsministers.