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Digitale Werbung Großkonzerne umgehen Werbeblocker mit Millionenzahlungen

Google, Microsoft, Amazon und viele andere Website-Betreiber kämpfen im Internet um einen dreistelligen Milliardenmarkt. Aufhalten können ihre Werbeanzeigen nur so genannte Werbeblocker - eigentlich. Denn angeblich zahlen die Konzerne Millionen als digitalen Wegzoll.
Von Andrea Rungg
Google dominiert den digitalen Werbemarkt. Im jüngst abgelaufenen Geschäftsjahr 2014 machte der Konzern einen Gewinn von 14,44 Milliarden Dollar, den Großteil durch Suchanzeigen

Google dominiert den digitalen Werbemarkt. Im jüngst abgelaufenen Geschäftsjahr 2014 machte der Konzern einen Gewinn von 14,44 Milliarden Dollar, den Großteil durch Suchanzeigen

Foto: ANDREW KELLY/ REUTERS

Hamburg - Das bislang meistverbreitete Geschäftsmodell im Internet basiert auf Werbebeinnahmen. Die meisten Websites existieren nur, weil sie sich über Werbung finanzieren. Insgesamt fast 122 Milliarden Dollar flossen 2014 laut Zenith Optimedia, einer Tochtergesellschaft des Werbekonzerns Publicis, in die digitale Werbung. Die größten Profiteure sind Unternehmen wie Google und Werbenetzwerke, die für Kunden beispielsweise großflächige Anzeigen ausspielen.

Dieses Geschäft wird zunehmend durch so genannte Werbeblocker gefährdet. Das Kölner Unternehmen Eyeo mit seinem kostenlosen Werbeblocker Adblock Plus ist dabei eines der umstrittensten. Es programmiert Software für Browser, die die Werbung für Websitenutzer unterdrückt.

Welche Werbung durchgelassen wird, dafür hat Adblock Plus Regeln aufgestellt. So soll die Werbung möglichst wenig Aufmerksamkeit erregen und den Lesefluss auf einer Website nicht beeinträchtigen. Animationen und Töne seien tabu. Textanzeigen seien in Ordnung, solange sie deutlich als Werbung gekennzeichnet seien. So genannte Pop-up-Werbung, bei der ein Fenster zunächst die eigentliche Website überlagert, sei verboten.

Google bestätigt Zahlungen an Eyeo

Allerdings findet die Werbung trotz der Nutzung entsprechender Werbeblocker ihren Weg - nämlich unter anderem dann, wenn Unternehmen wie Google, Microsoft oder Amazon dafür Geld bezahlen, dass ihre Anzeigen nicht blockiert werden.Am Wochenende berichtete der Blogger Sascha Pallenberg, dass alleine Google eine Summe von 25 Millionen Dollar an die Kölner überwiesen haben soll . Insgesamt erhalte Eyeo 30 Millionen Dollar von unterschiedlichen Unternehmen.

Auch Amazon, Microsoft oder United Internet mit den Marken GMX und Web.de würden zahlen. Die Financial Times nannte keine Summen, nannte allerdings ebenfalls Zahlungen der Konzerne Google, Amazon und Microsoft und der israelischen Werbeplattform Taboola an Eyeo. Google bestätigte manager magazin online eine Vereinbarung mit Eyeo, wollte sich aber zur Höhe des überwiesenen Betrags nicht äußern. Amazon wollte die Berichte nicht kommentieren.

Der Vorgang zeigt, dass selbst Internet-Großkonzerne die so genannten Adblocker zunehmend als Gefahr für ihre Geschäftsmodelle anerkennen. Bevor sie hohe Summen an Werbeeinnahmen verlieren, sind sie bereit, einen Bruchteil quasi als digitalen Wegzoll zu zahlen.

Eyeos Adblocker wurde nach Angaben des Unternehmens bereits mehr als 300 Millionen Mal heruntergeladen. Mehr als 50 Millionen Menschen würden ihn monatlich nutzen. Das Geschäftsmodell des Unternehmens ist hoch umstritten. Denn einerseits hat es Nutzer angelockt, weil es über den Browser Werbung unterdrückt, andererseits definiert es aber selbst Regeln, nach denen Werbung doch zulässig ist, und lässt sich das dann noch von den entsprechenden Unternehmen bezahlen.

Schutzgelderpressung?

Man könnte diese Art des Geschäfts zugespitzt auch Schutzgelderpressung im digitalen Zeitalter nennen. "Zum einen ist diese Einordnung harsch und zum anderen - das ist noch wichtiger - ist sie auch noch falsch", schrieb Eyeo in einer Stellungnahme an manager magazin online.

Websites müssten nicht an ihrem Programm für "akzeptable Werbung" teilnehmen. Für 90 Prozent der Websites sei das Programm ohnehin kostenfrei, wenn ihre Werbung den Anforderungen an wenig störende Anzeigen entspreche. Wer sich gegen Bezahlung freischalten lassen kann, bemisst sich nach Angaben von Eyeo am Umsatzvolumen und daran, wie hoch der Erlös mit Werbung durch die Freischaltung ausfallen würde.

Gegen Eyeo laufen mehrere Klagen. Erst im Dezember hatte Zeit Online vor dem Landgericht Hamburg eine Klage eingereicht. In der Standardeinstellung von Adblocker Plus würden die Werbeanzeigen nicht mehr angezeigt, eine der wesentlichen Säulen zur Finanzierung des Qualitätsjournalismus sei damit gefährdet, hieß es damals in einer Stellungnahmen der "Zeit". Vor dem Landgericht München hatten bereits Pro Sieben Sat 1, IP Deutschland und RTL Interactive geklagt. Der Axel Springer Verlag zog in Köln gegen Eyeo vor Gericht.

Obwohl Google dafür zahlt, dass die eigenen Anzeigen durchgelassen werden, zeigt das Unternehmen durchaus Verständnis für Kritiker. "Wir glauben einerseits, dass die Nutzer selbst die Kontrolle über ihre Internetnutzung behalten sollten. Andererseits können wir die Frustration von Websitebetreibern und Unternehmen nachvollziehen, die von Adblockern betroffen sind", hieß es. Gute Inhalte und Produkte im Internet müssten monetarisierbar sein - sei es durch Werbung oder durch Bezahlmodelle, ansonsten würden sie verschwinden.