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Der Arbeitsmarkt spiegelt die politische Untätigkeit

Die hohe Arbeitslosigkeit beunruhigt die Regierung zu Recht. Aber dem Anstieg tatenlos zuzusehen wird das Problem nicht lösen.

Richard Wiens

Die Arbeitslosigkeit in Österreich ist im August erneut gestiegen, die Zahl der Menschen ohne Job war um 1,1 Prozent höher als im August 2015. So weit die schlechte Nachricht. Die gute Nachricht ist, dass die Arbeitslosigkeit zwar zunimmt, aber sich der Anstieg seit geraumer Zeit doch deutlich verlangsamt.

Es ist auch keineswegs so, dass es keine Jobs gibt. Die Zahl der offenen Stellen steigt, viele bleiben dennoch unbesetzt. Unternehmen bieten Arbeit an, aber niemand will sie haben. Die Beschwerden von Betrieben, dass noch immer viele Arbeitslose nur vorstellig werden, um sich den berühmten Stempel zu holen, reißen nicht ab. Aber im Arbeitsmarktservice, so berichten Unternehmer, zucke man nur mit den Schultern und verweise auf Personalnöte. Man könne nicht kontrollieren, ob sich Arbeitslose ernsthaft um einen Job bemühen, daher greifen auch bestehende Sanktionen oft nicht. Wer sich angesichts solcher Zustände der Debatte über Zumutbarkeitsbestimmungen verschließt, betreibt ein gefährliches Spiel.

Doch das Problem auf dem Arbeitsmarkt geht weit über jene hinaus, die nicht wollen. Es gibt noch viel mehr Menschen, die nicht das können, was von ihnen verlangt wird. Arbeitsmarktexperten sprechen von einem Mismatch, wenn Anforderungsprofil und Qualifikation nicht in Einklang zu bringen sind.

Der Arbeitsmarkt ist das Abbild all jener Probleme, die es in vielen anderen Politikbereichen gibt, allen voran in der Bildung. In Österreich verlassen weiterhin zu viele junge Menschen die Schule, ohne grundlegende Qualifikationen für einen Einstieg ins Berufsleben mitzubringen. Da läuft in den Schulen viel falsch - und noch mehr in der Zeit vor dem Schuleintritt. Das verpflichtende Kindergartenjahr ist ein guter Ansatz, reicht aber nicht aus. Beim Arbeitskräfteangebot liegt der Schlüssel also in besserer Qualifikation. Will man die Nachfrage nach Arbeitskräften erhöhen, muss man woanders ansetzen: beim leichteren Zugang zum Unternehmertum - Stichwort Gewerbeordnung -, beim Straffen der Verwaltung, bei den Lohnnebenkosten und bei den Arbeitszeiten.

"Es gibt kaum einen größeren gesellschaftspolitischen Skandal als die Arbeitslosigkeit." Diesen Satz donnerte Bundeskanzler Christian Kern bei seiner Rede auf dem Bundesparteitag der SPÖ im Juni von der Bühne und erntete dafür den Applaus der Delegierten. Den Kampf gegen Arbeitslosigkeit bezeichnete Kern als vordringliche Aufgabe. Recht hat er, aber was hält ihn und die von ihm geführte Regierung eigentlich davon ab, endlich an die Arbeit zu gehen?

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