Luftfahrt Eurowings wird Testfall für Tarifeinheit

Düsseldorf · Mit Verdi und Ufo ringen zwei konkurrierende Gewerkschaften bei der Lufthansa-Tochter um neue Tarifverträge für die 460 Beschäftigten in der Kabine. Nur die Organisation, die mehr Mitglieder organisiert, kommt am Ende zum Zuge.

Für Lufthansa-Chef Carsten Spohr ist sie das Mittel der Wahl im Kampf gegen die Billigkonkurrenz durch Anbieter wie Ryanair und Easyjet: die Low-Cost-Tochter Eurowings. Derzeit versucht das Management von Deutschlands größter Fluggesellschaft, das Geschäft mit dem Billigableger massiv auszuweiten - etwa indem der angeschlagene Konkurrent Air Berlin mit 40 Maschinen im Eurowings-Gewand Strecken übernimmt.

Doch während Spohr und Eurowings-Chef Karl Ulrich Garnadt mit solchen Wetlease-Flügen und ihren Billigtöchtern im Ausland versuchen, bei den Personalkosten Boden gutzumachen, gärt es bei der Belegschaft im eigenen Land.

Ausgangspunkt sind Verhandlungen für die in Deutschland beschäftigten Flugbegleiter, die die Unabhängige Flugbegleiter-Organisation (Ufo) und die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi führen. Dass sich der Arbeitgeber mit zwei Gewerkschaften auf einmal herumschlagen muss, könnte eine erste Belastungsprobe für die gesetzlich festgeschriebene Tarifeinheit werden - jene von der großen Koalition verabredete Regel, wonach pro Betrieb nur der Tarifvertrag der Gewerkschaft mit den meisten Mitgliedern angewendet wird.

Ursprünglich war die Gemengelage bei Eurowings eine andere: Zwar gibt es einen älteren Verdi-Vergütungstarifvertrag aus dem Jahr 2005, aber zuletzt hatte die Dienstleistungsgewerkschaft der Ufo das Feld überlassen. "Wir waren überrascht, als die Eurowings-Beschäftigten jüngst an uns herantraten und uns darum baten, wieder für sie in Gespräche einzutreten", sagt Verdi-Verhandlungsführerin Hülya Grünefeld. Der Vorwurf habe gelautet, dass Ufo sich nicht ausreichend und mit dem nötigen Druck für die Belange einsetze."Obwohl die Anforderungen für die Beschäftigten stetig gestiegen sind, gab es acht Jahre lang keinerlei Lohnanpassung", sagt die Verdi-Verhandlungsführerin.

Sie nennt ein Beispiel: Bei der Eurowings würden die Maschinen heute nur nach vier Flügen von professionellen Kräften gereinigt. "Das heißt, dass die Kolleginnen nach drei Flügen selbst die Kabine wieder in Ordnung bringen müssen", so Grünefeld. Und das, obwohl sie deutlich weniger verdienten als bei anderen Airlines. Eine Vollzeitkraft bei Eurowings kommt Verdi zufolge in der ersten Gehaltsstufe auf 19.971,12 Euro brutto im Jahr.

Was Verdi nun fordert, hat es aus Konzernsicht in sich: Die Gehälter und Funktionszulagen sollen jeweils um sieben Prozent angehoben werden, Kabinen-Chefs sollen eine Zulage von 500 Euro erhalten, auch die Provision für Verkäufe an Bord soll deutlich steigen. Dieser Forderung verlieh Verdi zuletzt mit einem kurzen Warnstreik Nachdruck, bei dem acht Flüge in Nordrhein-Westfalen gestrichen werden mussten. Die anschließend geführten Gespräche seien aber konstruktiv verlaufen, heißt es. Auch wenn man noch weit auseinanderliege, so Grünefeld, gehe es Anfang Oktober weiter. "Ich bin optimistisch, dass wir erst einmal ohne weitere Arbeitsniederlegungen auskommen", so die Verdi-Vertreterin.

Auffällig: Nur einen Tag nach dem Verdi-Warnstreik erklärte die Ufo ihre Gespräche mit Eurowings für gescheitert. Alle weiteren Termine wurden abgesagt. Verhandlungsführerin Sylvia de la Cruz erklärte, nach dem Auslaufen des Vergütungs- und Manteltarifvertrages Ende September seien auch massive Arbeitskämpfe denkbar.

Der Konzern habe mit Blick auf den gleichzeitigen Tarifkonflikt mit den Lufthansa-Piloten bereits erreichte Positionen wieder infrage gestellt, heißt es in einer Mitteilung an die Ufo-Mitglieder. Die Gewerkschaft hatte sich bereit erklärt, die Neueinstellung von tariflich geregelten Billigkräften zu akzeptieren. Voraussetzung war allerdings Bestandsschutz für die bereits bei Eurowings arbeitenden Mitglieder. Doch laut Ufo hat das Management eine Kehrtwende vollzogen. Die Gewerkschaft will nun neue Forderungen vorbereiten und diese notfalls ab Oktober per Streik durchsetzen.

Die Frage ist nun allerdings, welcher Tarifvertrag am Ende überhaupt angewendet wird. "Wir haben Eurowings ganz klar gesagt: Legt die Zahlen auf den Tisch, welche Gewerkschaft für wie viele Mitarbeiter verantwortlich ist. Sollte das Ergebnis wider Erwarten nicht zu unseren Gunsten ausfallen, würden wir selbstverständlich der Ufo das Feld überlassen", sagt Verdi-Vertreterin Grünefeld. Gemeinsamen Verhandlungen mit der Konkurrenz erteilte sie hingegen eine Absage. "Wir liegen mit unseren Vorstellungen viel zu weit auseinander." Die Airline selbst wollte sich auf Anfrage nicht zu den Konflikten äußern.

(maxi)
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