Die Geschichte des Parks

Der selbstverwaltete Navarino- Park wurde am 7. März 2009 geboren, als Hunderte von Einwohnern von Exarchia und anderen Stadtvierteln den ehemaligen TEE [Ingenieurkammer Griechenlands]-eigenen Parkplatz besetzten und ihn in einen Raum des Grünen, von Spiel und Zusammenkunft verwandelten. Seitdem hat der Ort eine Vielzahl von Nutzungen bekommen: Garten, Spielplatz, Ort für Filmvorführungen, Diskussionen und Veranstaltungen.

Der Park ist das Ergebnis der Entscheidung einer offenen Versammlung von Bewohnern der Nachbarschaft und anderer Bezirke von Athen. Der Park basierte von Anfang an auf der kollektiven Arbeit sowie dem Beitrag der TeilnehmerInnen und blieb fern von staatlichen, kommunalen oder privaten Trägern; die Bedingungen seines Funktionierens wurden von den Beteiligten mit gestaltet. Als Projekt ist er eine Fortsetzung der allgemeineren Dynamik der sozialen Selbstorganisation, die während der Rebellion im Dezember 2008 entstanden ist.

Während der Revolte gingen viele Menschen auf die Straße, nicht nur, um gegen den Mord an Alexandros Grigoropoulos [am 6. Dez. 2008] zu protestieren, sondern auch, um Wege der Kommunikation, des Verständnisses wie auch Antworten auf alles, was geschah, zu suchen. Neue kollektive Initiativen und selbstorganisierte Strukturen entstanden, es bildete sich eine Reihe von Projekten: soziale Küchen, politische Besetzungen, Wieder-Inbesitznahme von öffentlichen Räumen (Park an der Zypernstraße [in Kypseli]) usw.

Der Park drückt deutlich die Notwendigkeit aus, uns unser Leben und unser tägliches Sein wieder anzueignen, unsere Stadt und unsere Zeit, unter anti-kommerziellen, anti-hierarchischen Bedingungen und ohne Mittelsleute. An die Stelle des Eigentums setzt der Park den kollektiven, horizontalen Aufbau der Stadt und das Recht der Teilhabe an den Commons; er dient einem bestimmten gesellschaftlichen Bedürfnis: dem nach Vorhandensein gemeinschaftlich genutzter Räume der Begegnung und der Freizeitgestaltung. In einer Metropole, die durch die bauliche „Entwicklung“ und alle Arten von spekulativen Aktivitäten buchstäblich geplündert wurde, manifestiert der Park den unmittelbar-demokratischen Ratschlag und die kollektive Arbeit, entgegen jedem Konzept der Vergabe an „Experten“ und „Träger“.

Im Gegensatz zu allen Vorhersagen hat der Navarino-Park bereits ein Jahrzehnt Leben hinter sich. Heute sind wir jedoch gefordert, in einer völlig anderen Umgebung zu funktionieren. Zehn Jahre später befindet sich Exarchia ist in einem extremen Zustand des Niedergangs und der Ghettoisierung, einem Zustand, der immer wieder Praktiken autoritärer Gewalt des Stärkeren gegenüber dem Schwächeren sowie  Phänomene von Sozialem Kannibalismus reproduziert. Asoziale, kriminelle Verhaltensweisen, die man früher nicht für möglich gehalten hätte (Schießereien, Pöbeleien gegen BewohnerInnen, fortwährend Raubüberfälle auf Kleinhändler, Angriffe auf Homosexuelle und Trans, Lynchen mit unvorstellbar Grausamkeit) sind inzwischen Teil unseres täglichen Lebens geworden. In ausnahmslos jeder Fußgängerzone von Exarchia ist die Haupttätigkeit der Handel mit verbotenen Substanzen, der Käufer aus ganz Attika hierher führt. Dieser Handel produziert enorme Umsätze und erlaubt damit den Narko-Mafiagruppen absolute Dominanz im öffentlichen Raum. Gleichzeitig sind mehr und mehr BewohnerInnen gezwungen, ihre Wohnungen zu verlassen, die anschließend sofort in Unterkünfte der Kurzzeit-Vermietung umgewandelt werden. Dort steigen dann Touristen aus den Industrieländern ab, die das Abenteuer dieser besonderen “Stadterfahrung” von Exarchia suchen.

In diesem Zusammenhang und dank der Opfer der Teilnehmer, hat der Park es erreicht, jener selbstverwaltete Ort zu bleiben, die immer noch die Anerkennung der Bewohner und Kollektive bekommt und ihre Hoffnungen zum Ausdruck bringt.

Darüber hinaus passierte hier im letzten Jahr etwas Wichtiges. Der bestehende Spielplatz, der derzeit einen kleinen Teil des Parks einnimmt, ist zum einzigen Spielplatz in Exarchia geworden. Die Arbeiten von Jahren für die Schaffung, die Instandhaltung und den Betrieb und die traurige Tatsache, dass alle anderen Spielplätze in der Umgebung zerstört oder aufgegeben worden ist, haben ihn zum Ausweg für die Befriedigung der drängenden sozialen Bedürfnisse von Kindern, Müttern und Vätern nach einem gemeinsamen und vertrauten Raum gemacht.

Aber es gibt noch etwas Wichtigeres. Die Eltern in der Nachbarschaft organisieren und übernehmen selbst die Verwaltung und den Betrieb des Spielplatzes. Ein breiteres Publikum wird bewusst aktiv, kümmert sich um Sauberkeit und Beleuchtung, produziert und repariert Spielgeräte und organisiert (Kinder-) Veranstaltungen. Der Spielplatz des Navarino-Parks ist für die Region schon ein Modell der sozialen Selbstorganisation und Beispiel der Flächennutzung geworden.

Über alle Erwartung und Skepsis hinaus gelingt es dem Park, neue Formen der Kommunikation und Sozialisation aufzuzeigen, Menschen aus der Nachbarschaft zu integrieren und auf konkrete tatsächliche Bedürfnisse zu antworten.

Diese beeindruckende Dynamik und positive Wirkung auf Exarchia inspiriert uns, den Park zu einem großen Spielplatz auszubauen. Seine Benutzung schließt keinen aus. Er wird für Eltern, Großeltern und Kinder von Kleinkindern bis hin zu Jugendlichen offen bleiben und gleichzeitig die vielfältigen Funktionen des Orts für die Nachbarschaft und darüber hinaus erweitern. Als Ort für Spiele, Veranstaltungen und Konzerte, als Teil von Kultur, Lesen, Sport und Begegnung oder einfach als grüner und einladender Platz wird der große Spielplatz für jede Nutzung offen sein, die nicht andere Nutzungen ausschließt.

Die Initiative wurde bereits von vielen in Exarchia angenommen, aber nicht nur hier. Aber es ist eine neue Herausforderung für uns alle. Wir leben in einer Zeit großer Rezession der Bewegungen, sozialer Enttäuschung, Resignation und Niedergang. Wir sind da, wo wir heute sind, nach enormen Bemühungen und ständigen Problemen. Wenn etwas uns ermutigt, voranzukommen, dann ist es die Resonanz, die unser Projekt nicht in der Theorie, sondern in der Praxis erfährt: in der praktischen Bildung von Verhaltensweisen, Bewusstsein, Praxen und Umgang im täglichen Leben.

Selbstverwalteter Navarino-Park

E-mailparkingparko@espiv.net

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