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Airbnb-Mitgründer Blecharczyk über seine Offensiv-Pläne Der meist gehasste Mann der Hotelbranche

Airbnb will künftig mehr sein als ein reiner Der Onlineübernachtungsdienst: "Die Kunden suchen mehr und mehr nach personalisierten Erfahrungen. Sie wollen nichts von der Stange", sagt Nathan Blecharczyk, Mitgründer und CTO von Airbnb, im Interview mit manager magazin online

Airbnb will künftig mehr sein als ein reiner Der Onlineübernachtungsdienst: "Die Kunden suchen mehr und mehr nach personalisierten Erfahrungen. Sie wollen nichts von der Stange", sagt Nathan Blecharczyk, Mitgründer und CTO von Airbnb, im Interview mit manager magazin online

Foto: DPA

mm.de: Wie fühlt es sich an, der meist gehasste Mann der Hotelbranche zu sein?

Blecharczyk: Darüber denke ich ehrlich nicht so oft nach. Und ich glaube auch nicht, dass das jeder so sieht. Der CEO von Hilton hat mir gesagt, dass er sich nicht von AirBnB bedroht sieht. Und es gibt - glaube ich - noch eine Menge anderer Hotelbetreiber, die das ähnlich sehen. Die großen Hotelketten sehen uns nicht als Bedrohung. Das was wir machen, ist etwas anderes. Ich glaube, mehr Auswahlmöglichkeiten zu schaffen, wie wir es tun, ist gut. Und das vergrößert den Kuchen.

Nathan Blecharczyk
Foto: Tobias Hase/ dpa

Nathan Blecharczyk ist Mitgründer und CTO von AirBnB. Vor der Gründung seines eigenen Unternehmens war der Harvard-Absolvent und Vater einer kleinen Tochter unter anderem für Microsoft tätig.

mm.de: Kleinere Hoteliers sehen das durchaus anders. Nun ist die Hotelbranche aktuell auch weiß Gott nicht die einzige Industrie, deren Geschäftsmodell angesichts neuer technologischer Möglichkeiten und Spieler im Markt vor großen Herausforderungen steht. Wenn Sie ein Hotelbesitzer wären, wie würden Sie auf die Herausforderungen durch AirBnB, Wimdu, 9flats & Co. reagieren?

Blecharczyk: Hotels sehen die Entwicklung vor allem negativ. Weshalb sie sich gegen jegliche Änderungen wehren, die ihre Sache nicht voran bringt. Aber sie leisten Dinge, die AirBnB nicht leisten kann. Die Stärke der Hotels liegt in der Infrastruktur, dem Fitnessraum, der Rezeption, dem angeschlossenen Restaurant.

mm.de: Also genau das, worauf sie ebenfalls zielen. Sie arbeiten doch ebenfalls stetig daran, das Erlebnis sowohl für Reisende als auch Gastgeber zu verbessern, experimentieren zumindest in den USA mit einem Schlüsselübergabeservice, Putzdienstleistungen und Wäschedienst. Also was würden Sie machen?

"Die Kunden wollen ihr eigenes individuelles Abenteuer, das sie bei Intagram posten können"

Blecharczyk: Meine Stärken ausspielen. Die Annehmlichkeiten, die ich anbieten kann. Die Kunden suchen mehr und mehr nach personalisierten Erfahrungen. Sie wollen nichts von der Stange. Sie wollen ihr eigenes individuelles Abenteuer, das sie bei Instagram posten können. Und da könnten Hotels einiges lernen und in ihrem Unternehmen anwenden.

mm.de: Sie sind vor einer Weile ins Geschäftsreisen-Segment eingestiegen. Wie läuft es?

Blecharczyk: 10 Prozent unserer Reisenden sind mittlerweile Geschäftsreisende. Wir arbeiten bereits mit mehr als 10.000 Unternehmen zusammen.

mm.de: Und wo wollen Sie hier noch hin?

Blecharczyk: Das ist eine Frage des Marktes. 30 Prozent aller Trips sind Geschäftsreisen. Und wir sind aktuell bei 10 Prozent. Ich glaube nicht, dass wir einen Anteil von 30 Prozent erreichen werden, weil das nicht unsere eigentliche Stärke ist. Aber ich glaube schon, dass noch mehr drin ist.

mm.de: Aber das Segment ist doch sehr attraktiv. Geschäftskunden geben doch sicher mehr aus als der durchschnittliche AirBnB-Reisende?

Blecharczyk: Ja, Geschäftsreisende geben in der Regel mehr für eine Übernachtung aus als unser durchschnittliches Klientel. Aber dafür sind die Reisen meist auch kürzer.

Mehr als nur Übernachtung

mm.de: Haben Sie neben der Geschäftsreisen auch noch weitere Geschäftsbereiche auf dem Schirm?

Blecharczyk: Auf lange Sicht sind wir an mehr interessiert als nur an der Unterbringung. Wir wissen, dass unsere Kunden an authentischem Reisen interessiert sind. Und wir denken, dass wir das auch jenseits der Unterkunft leisten können. Wir wollen uns also auf längere Sicht auch darum kümmern, wie unsere Kunden auch jenseits der vier Wände authentisch ihr Reiseziel erleben, die Leute dort kennenlernen können. Und das, indem wir unsere Stärken nutzen, die wir und unsere Community haben.

mm.de: Also kann ich in fünf Jahren womöglich über AirBnB einen ganz persönlichen 5-Tages-Trip nach New York buchen?

Blecharczyk: Wer weiß.

mm.de: Erwägen Sie auch, zu diesem Zweck womöglich externe Anbieter oder Apps zu kaufen, die AirBnB helfen könnten, in diesem Segment schneller zu wachsen?

Blecharczyk: Das ist vom heutigen Standpunkt schwer zu sagen. Bislang sind wir hauptsächlich organisch gewachsen. Bei den wenigen Zukäufen, die wir getätigt haben, ging es vor allem um Talente. Natürlich kann man die Zukunft nicht vorhersagen. Aber aktuell sehe ich keinen Grund, warum wir unsere Strategie ändern sollten.

mm.de: In San Francisco haben Sie einen ziemlich teurere PR-Kampf um die dortige Regulierung geführt und dürfen dort weiter agieren - allerdings müssen sich die Gastgeber dort nun registrieren. Wie läuft es in Europa, da gibt es auch einige Städte, in denen Sie ziemlich Gegenwind verspüren?

Blecharczyk: Es gibt auch eine Menge positive Erfahrungen. Portugal, Frankreich und Großbritannien haben alle bereits Gesetze gezielt für den Homesharing-Markt entwickelt. Ebenso in Amsterdam oder in Hamburg. Allerdings sind wir in 34.000 unterschiedlichen Städten aktiv. In Deutschland hat von den 16 Bundesländern bislang nur Hamburg spezifische Regeln entwickelt. Bleiben noch 15 - aber wenigsten können wir mittlerweile aufzeigen, wie so etwas anderswo funktioniert. Wir begrüßen Regulierung. Wir wollen konstruktive Partner sein. Und das bedeutet für uns oft, Zusagen bei der Besteuerung zu machen und dabei zu helfen, Steuern einzusammeln. Das tun wir mittlerweile in 20 Jurisdiktionen. Wir passen uns den gesetzlichen Gegebenheiten an.

mm.de: Das läuft aber nicht immer so, wie sie sich das erhoffen.

Blecharczyk: Ja. San Francisco beispielsweise hat eine Regelung in Kraft gesetzt, die sehr komplex, sehr zeitaufwändig und mit enormem Papierkram verbunden ist. Vielen Gastgebern ist das zu viel Arbeit, sich eine Genehmigung zu holen. Also halten sie sich nicht an die Vorschriften. Und das ist für die Stadt frustrierend - und für uns. Wir wollen, dass sich die Leute an die Regeln halten. Die Stadt will, dass sich die Leute an die Regeln halten. Aber dafür muss ein Prozess geschaffen werden, der weniger beschwerlich ist.

mm.de: In San Francisco haben Sie acht Millionen Dollar in den Kampf um Regulierung gesteckt. Und Europa ist für Sie ein enorm wichtiger Markt. Schicken Sie jetzt wie Uber eine riesige Lobby-Armee los, um sicherzustellen, dass ihre Sichtweise beim aktuellen Gesetzgebungsprozess nicht zu kurz kommt?

Blecharczyk: Ich kann ihnen keine Zahlen vorlegen. Aber wir sind in 34.000 Städten aktiv. Und nur in 20 bis 30 Städten oder Ländern gibt es bereits eine Regulierung. Ja, wir wollen für Gespräche bereit stehen. Denn unsere Erfahrung zeigt, dass es in den Städten oft falsche Vorstellungen über das gibt, was wir sind und was wir machen. Wenn wir mit den Verantwortlichen reden, ihnen tatsächliche Zahlen präsentieren, dann ändert sich oft einiges. Und wir wollen natürlich sicherstellen, dass wir als Gesprächspartner zur Verfügung stehen und Vertrauen aufbauen. Wir werden also unser Personal den Anforderungen anpassen.