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Eso-Ärger an der Viadrina: Aus für das "Hogwarts an der Oder"?

Foto: Warner Bros.

Drohendes Aus für Esoterik-Institut Hokuspokus Verschwindibus

Eine Masterarbeit über das Hellsehen, ein Astrologe als Gastprofessor - die Frankfurter Uni Viadrina hat sich einen Ruf als "Hogwarts an der Oder" eingehandelt. Wissenschaftliche Gutachter fordern nun nachdrücklich die Schließung des Esoterik-Instituts.

Ein Studium in Magie und Zauberei, das gibt es nur bei Harry Potter. Aber auch die Universität Viadrina in Frankfurt an der Oder ist nicht mehr so weit davon entfernt: Mit ihrem Institut für transkulturelle Gesundheitswissenschaften geriet die Uni in jüngster Zeit als Hochschule für Humbug in die Schlagzeilen - zuletzt dank einer Masterarbeit, deren Autor Belege fürs Hellsehen gefunden haben will. Einige Blogger verspotten die Viadrina längst als "Hogwarts an der Oder".

Die Bedenken scheinen inzwischen auch bei hochrangigen Gutachtern angekommen zu sein: In deutlichen Worten empfehlen sie den Verzicht auf die Esoterik-Forschung - zu weit habe sich die Universität damit von wissenschaftlichen Standards entfernt. Für das umstrittene Institut könnte dieses Urteil das Aus bedeuten.

Das Land Brandenburg hat seine Hochschulen in den vergangenen Monaten von externen Wissenschaftlern überprüfen lassen: Welche Bereiche leisten gute Arbeit in Forschung und Lehre, wo besteht Verbesserungsbedarf? Der Universität Viadrina empfehlen die Experten "nachdrücklich den künftigen Verzicht" auf einen Studiengang in Komplementärmedizin. "Eine Fortführung des Instituts für transkulturelle Gesundheitswissenschaften ist weder wie bisher als In-Institut noch als An-Institut zu befürworten", schreiben die Experten der Brandenburger Hochschulstrukturkommission in ihrem Abschlussbericht (hier als pdf) . Im Klartext: Was hier passiert, hat an einer Universität nichts zu suchen - weder als festes Institut noch als lose angegliederte Forschungseinrichtung. Allenfalls privatwirtschaftlich und außerhalb der Hochschule könnte eine entsprechende Einrichtung betrieben werden, heißt es in dem Bericht. Für die Viadrina ist dieses Urteil eine schallende Ohrfeige.

Im Namen des geistigen Heilers

Am Institut für transkulturelle Gesundheitswissenschaften können Ärzte, Heilpraktiker und Psychotherapeuten einen Weiterbildungsstudiengang in Komplementärmedizin belegen. Kurzzeitig war die Deutsche Gesellschaft für Energetische und Informationsmedizin als Kooperationspartner des Instituts genannt - ein Verein, unter dessen Dach sich Geistheiler, Prana-Therapeuten und Astralchirurgen finden. Und als Gastprofessor war an der Viadrina zwischenzeitlich sogar ein Herr tätig, der zuvor unter anderem als astrologischer Ernährungs- und Lebensberater in Erscheinung getreten war.

Das Institut für transkulturelle Gesundheitswissenschaften wird unter anderem vom Homöopathie-Hersteller Heel finanziert. Der Vertrag mit Heel läuft offiziell bis Ende März 2014 - ob das Institut auch vorzeitig geschlossen werden könnte, ist unklar.

Für die Gutachter der Hochschulstrukturkommission bewegt sich das Institut jenseits der wissenschaftlichen Seriosität. "Die Befassung mit komplementärer Medizin erfordert zwingend die enge Verbindung mit der naturwissenschaftlichen Seite", heißt es in ihrem Bericht. Und weiter: Die Studenten würden "insgesamt von einem Lehrkörper betreut, dem überwiegend medizinische Kenntnisse fehlen". Die Uni hatte sich stets damit gerechtfertigt, dass es sich um ein geisteswissenschaftliches Angebot handle - über eine eigene medizinische Fakultät verfügt die Viadrina nicht.

Geistes- oder Geisterwissenschaft?

Viadrina-Präsident Gunter Pleuger hatte sich in der Vergangenheit eher wohlwollend über das Institut geäußert und seine Hochschule auf dem Weg zu einem der führenden Zentren im Bereich Komplementärmedizin gesehen. Nach dem Urteil der Gutachter äußert er sich nun zugeknöpft: Die Empfehlungen nehme er "zur Kenntnis".

"Über die Zukunft des Instituts wird im Rahmen einer bereits laufenden internen Strategiediskussion entschieden", teilte Pleuger SPIEGEL ONLINE mit. Institutsleiter Harald Walach reagierte auf mehrfache Anfragen nicht. Auf der Homepage des Instituts findet sich aber eine Erklärung, in der er die Aufregung um sein Institut als "eine aus dogmatischer Haltung gespeiste Besserwisserei" bezeichnet, die ihn an die spanische Inquisition erinnere. "Man möge mir diesen drastischen Vergleich verzeihen, aber das ist tatsächlich die Assoziation, die dies bei mir weckt." Gemeint ist damit aber die Kritik an der Hellseh-Masterarbeit. Welche Assoziationen das Expertengutachten weckt, dazu findet sich in der achtseitigen Erklärung kein Wort.

Aus Universitätskreisen verlautet dagegen, dass die Hochschule den Empfehlungen folgen und sich wohl von dem Institut trennen wird. "Die Entscheidung wird relativ sicher gegen das Institut fallen", sagt ein Hochschul-Insider. In der Professorenschaft sei hinter vorgehaltener Hand immer wieder über Hokuspokus geschimpft worden.

Die Universität will die Gerüchte über eine bevorstehende Schließung nicht kommentieren. Eine Entscheidung soll aber schon in den nächsten Wochen fallen.