Zum Inhalt springen

Weniger Neuverschuldung Schäuble will Sparkurs forcieren

Die FDP verlangt Steuererleichterungen um jeden Preis, der Finanzminister bremst - und will noch mehr sparen. Einem Pressebericht zufolge plant Wolfgang Schäuble, die Neuverschuldung 2012 unter 30 Milliarden zu senken. Die Wut bei den Liberalen wächst.
Finanzminister Schäuble: Im Clinch mit der FDP

Finanzminister Schäuble: Im Clinch mit der FDP

Foto: dapd

Berlin - Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) ist weiter auf Sparkurs. Er will das Geld, das durch die boomende Wirtschaft in die Kassen fließt, nicht gleich wieder ausgeben, sondern die Schulden senken - sogar stärker als geplant. Die aufzunehmenden neuen Kredite sollten unter die 30-Milliarden-Euro-Marke fallen, berichtet die "Rheinische Post" am Dienstag unter Berufung auf Kreise des Finanzministeriums. Bisher hatte Schäuble 31,4 Milliarden Euro an neuen Schulden eingeplant. Wegen der guten Konjunktur liefen die Steuereinnahmen aber besser als noch im März bei der Aufstellung der Eckwerte für den Etat 2012 geplant, hieß es.

"Wir wollen bei der Nettokreditaufnahme 2012 die 30 Milliarden Euro unterschreiten", sagte auch Unionsfraktionsvize Michael Fuchs der Zeitung. Das Kabinett will den Haushalt 2012 dem Bericht zufolge am 6. Juli beschließen.

Schulden senken, geht vor Steuererleichterung - dazu passt, dass aus dem Bundesfinanzministerium immer neue Warnungen vor überzogenen Hoffnungen auf eine spürbare Entlastung ab 2013 kommen. "Die Erwartungen, die im Moment von einigen Stimmen geweckt werden, sind überzogen und haben das Potential, zu Enttäuschungen zu führen, wenn sie dann nicht erfüllt werden können", sagte Finanzstaatssekretär Steffen Kampeter (CDU) der "Rheinischen Post". Zuvor hatte sich bereits Finanzminister Schäuble zurückhaltend geäußert.

Aus Schäubles Partei kommen aber auch Stimmen, die eine angestrebte Steuererleichterung zum 1. Januar 2013 mit einer Abgabensenkung verknüpfen wollen. "Der Rentenbeitrag kann 2013 spürbar sinken", sagt etwa der CDU-Mann Fuchs. Außerdem könne er sich einen geringeren Krankenkassenbeitrag vorstellen.

Die CDU-Politikerin Christine Lieberknecht hat sich dafür ausgesprochen, das Steuerkonzept des Steuerrechtsexperten Paul Kirchhof politisch umzusetzen. "Das Steuerkonzept von Paul Kirchhof führt zu einer konsequenten und radikalen Vereinfachung", sagte die Ministerpräsidentin von Thüringen der in Halle erscheinenden "Mitteldeutschen Zeitung". "Und die Frage der Vereinfachung steht vor jeder Steuersenkungsdebatte. Es ist ein Gebot der Demokratie in unserem Land, dass der Bürger verstehen muss, was er tut. Und am Ende ist es auch die gerechtere Besteuerung."

Kirchhof hatte sein überarbeitetes Steuerkonzept am Montagabend vorgestellt .

FDP-Kritik am Sparminister Schäuble

Auch die FDP bleibt auf Kurs - doch bei den Liberalen geht es vor allem um eine Entlastung der Bürger. Steuererleichterungen und zwar möglichst schnell, lautet das Motto. Damit will die angeschlagene Partei enttäuschte Wähler zurückzugewinnen.

Parteikreisen zufolge trifft sich das FDP-Präsidium am Sonntag und Montag auf einer Klausurtagung. Diese sei keinem bestimmten Thema gewidmet, hieß es zwar. Einem Bericht der "Bild"-Zeitung zufolge sollen aber auch die geplanten Steuererleichterungen diskutiert werden. Unter anderem solle beraten werden, wie die geplante Entlastung der Arbeitnehmer erreicht werden könnte. Im Gespräch seien neben Änderungen am Steuertarif und einem höheren Grundfreibetrag auch eine Kürzung oder sogar eine Abschaffung des Solidaritätszuschlags. Auch über das Entlastungsvolumen solle gesprochen werden.

Die Kritik der Liberalen konzentriert sich dabei immer offener auf den Sparminister Wolfgang Schäuble: FDP-Finanzexperte Hermann-Otto Solms wirft ihm vor, Spielräume für Steuersenkungen zu verschenken. Schäuble habe den Kommunen fast vier Milliarden Euro für die Grundsicherung zur Verfügung gestellt, ohne im Gegenzug eine Gewerbesteuerreform durchzusetzen, sagte Solms den "Stuttgarter Nachrichten".

"Er verspielt damit mutwillig Spielräume für Steuerentlastungen, weil er vom Staat her denkt - wie die Sozialdemokraten eben auch. Die glauben, dass Geld gehört dem Staat. Aber die Bürger erwirtschaften es. Es ist ihr Geld", fügte Solms hinzu. Der FDP-Politiker forderte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) indirekt dazu auf, in der Steuerdebatte konkret Stellung zu beziehen. Die Parteivorsitzenden von Union und FDP müssten sich auf eine gemeinsame Zielsetzung einigen. "Die haben dann die Minister umzusetzen. Das ist ihre Aufgabe", betonte Solms.

Auch die Sozialdemokraten schalten sich in die Debatte ein - und setzen ihrerseits Schäuble unter Druck. Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel verlangt vom Finanzminister, die von Schwarz-Gelb geplante Steuersenkung zu stoppen. Schäuble müsse "im Kabinett sein Veto einlegen", sagte Gabriel dem "Hamburger Abendblatt". Der Finanzminister habe nach der Verfassung im Kabinett eine Sonderstellung, die er nutzen müsse. Schäuble sei der Einzige in der Bundesregierung, der "nicht nur Parteitaktik im Blick" habe, sagte Gabriel. Er bekräftigte, dass er die Regierungspläne für verfassungswidrig halte. "Steuersenkung auf Pump wird es mit der SPD nicht geben."

anr/Reuters/dpa/dapd