Die russische Gazprom stoppt wieder einmal die Gaslieferungen in die Ukraine. Die EU-Kommission reagiert aber gelassen.
Der Streit um Energielieferungen zwischen Russland und der Ukraine schaukelt sich immer weiter hoch. Russland stellte am Mittwochvormittag die Gasversorgung für das Nachbarland ein, weil Kiew kein Geld für weitere Mengen überwiesen hat. Der Schritt war allgemein erwartet worden, nachdem die Ukraine mitgeteilt hatte, vorerst kein weiteres russisches Gas zu benötigen. Zugleich erschwerte Moskau die Kohlelieferungen an Kiew. Beobachter sehen darin eine Reaktion auf den massiven Stromausfall auf der von Russland annektierten Schwarzmeerhalbinsel Krim.
Durch die Sprengung von Strommasten, mutmaßlich durch protestierende Krimtataren und ukrainische Nationalisten, war die Stromversorgung der Krim von der Ukraine am Samstag gekappt worden.
"Ernste Risiken" für Westeuropa
Der Chef des russischen Monopolisten Gazprom, Alexej Miller, sagte in Moskau: "Es gibt weder neue Vorauszahlungen noch neue Bestellungen. Deshalb haben wir die (Gas-)Lieferungen eingestellt." Er sprach von "ernsten Risiken" für die Versorgung Westeuropas.
Die Ukraine ist das wichtigste Transitland für russisches Gas für die EU, dennoch sieht die Kommission sieht den Lieferstopp gelassen. "Die Kommission macht sich keine besonderen Sorgen über den Gasfluss", sagte eine Sprecherin in Brüssel. Eine neue Verhandlungsrunde zum Gaspreis des ersten Quartals 2016 ist für Dezember geplant.
Ukraine: "Gewährleisten Transit"
Der ukrainische Staatskonzern Naftogaz versicherte, allen Verpflichtungen nachzukommen. Gas aus Russland werde nur im Bedarfsfall gekauft. "In den vergangenen eineinhalb Jahren haben wir gezeigt, dass wir einen unterbrechungsfreien Transit russischen Gases unabhängig davon gewährleisten können, ob es der Ukraine geliefert wird oder nicht", betonte Naftogaz-Chef Andrej Kobolew. "Soweit es uns bekannt ist, sind sowohl Gazprom als auch deren Kunden zufrieden mit der Qualität und Zuverlässigkeit unserer Transitdienste."
Dramatischer als die Gasfrage wird in der Ukraine der Stopp von Kohlelieferungen gesehen. "Im Verlauf eines Monats werden etwa 40 Prozent unserer Wärmekraftwerke ohne Kohle dastehen, wenn wir keine Lieferungen aus anderen Quellen einrichten", sagte der Interimschef des Staatskonzerns Ukrenergo, Wsewolod Kowaltschuk, dem Interportal Segodnya.ua. Einem russischen Zeitungsbericht zufolge waren am Dienstag die Exporte in die krisengeschüttelte Ex-Sowjetrepublik reduziert worden.
Reaktion auf Stromausfall auf der Krim
Der Stopp dürfte Experten zufolge eine Reaktion auf den Stromausfall auf der Krim sein. Auf der Halbinsel müssen russischen Behörden zufolge rund eine Million Menschen ohne Licht und Heizung auskommen. Bei mehreren Anschlägen waren am Samstag Stromleitungen vom Festland auf die Krim gekappt worden. Eine der vier Leitungen soll dieser Tage repariert werden. Kremlchef Wladimir Putin ordnete an, bis spätestens 20. Dezember eine erste Leitung vom russischen Festland über die Meerenge von Kertsch einzurichten.
Die Ukraine kündigte unterdessen an, ihrem Energiekonzern Naftogaz den Kauf von Gas in Russland untersagen zu wollen. Damit solle die Ukraine unabhängiger von russischer Energie werden, sagte Ministerpräsident Arseni Jazenjuk heute, Mittwoch, in Kiew. Zudem werde es Russland nicht mehr erlaubt sein, den Luftraum der Ukraine für Transit-Flüge zu nutzen. Den direkten Flugverkehr von Reisenden zwischen den beiden Ländern hat die Ukraine bereits ausgesetzt.
(APA/AFP)