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Wirtschaft Wegen Energiewende

Bilfinger schockiert Aktionäre mit Gewinnwarnung

Freier Korrespondent Handel und Konsumgüter
Roland Koch ist seit mehr als drei Jahren bei Bilfinger beschäftigt. Doch als Konzernchef kann er derzeit nicht zufrieden sein mit den Geschäften Roland Koch ist seit mehr als drei Jahren bei Bilfinger beschäftigt. Doch als Konzernchef kann er derzeit nicht zufrieden sein mit den Geschäften
Roland Koch ist seit mehr als drei Jahren bei Bilfinger beschäftigt. Doch als Konzernchef kann er derzeit nicht zufrieden sein mit den Geschäften
Quelle: picture alliance / dpa
Die Energiewende vermasselt Industriedienstleister Bilfinger die geplante Ergebnissteigerung. Stattdessen kassierte Konzernchef Roland Koch die Gewinnziele ein. Die Aktionäre reagieren panisch.

Die Umwälzungen der Energiewende haben Bilfinger erreicht. Vorstandschef Roland Koch schockierte die Aktionäre des Industriedienstleisters in der Nacht zum Dienstag mit einer Sofortmeldung, wonach das Unternehmen seine Gewinnziele in diesem Jahr verfehlen wird. Auch Arbeitsplätze und Standorte stehen auf dem Spiel. „Das Hauptproblem ist alles, was mit Energie zu tun hat“, fasste Koch seine Ursachenanalyse in einer Telefonkonferenz zusammen.

Bilfinger hat sich in den letzten Jahren weitgehend aus dem klassischen Bau von Hochhäusern, Straßen oder Brücken verabschiedet und macht sein Geschäft nun zum großen Teil mit Service-Arbeiten für Industriekunden, beispielsweise mit Generalüberholung oder Betrieb von Kraftwerken, dem Bau von Hochdruck-Rohrleitungen oder der Isolierung ganzer Anlagen. Den Schwenk hatte bereits Kochs Vorgänger Herbert Bodner eingeleitet – Koch soll das Geschäftsmodell zum Blühen bringen. Dafür hatte er vor vier Jahren seinen Job als hessischer Ministerpräsident aufgegeben und war an die Spitze des Mannheimer Konzerns gewechselt.

Die verfehlte Gewinnprognose könnte sich für ihn zur ersten echten Bewährungsprobe in der Rolle als Manager auswachsen. Statt der angekündigten deutlichen Ergebnissteigerung werde es 2014 voraussichtlich ein Minus geben, musste Koch nun einräumen. Der Nettogewinn werde nur 230 bis 245 Millionen Euro erreichen, statt 255 Millionen Euro im Vorjahr. Der – eigentlich überschaubare – Rückschlag traf viele Investoren offenbar unvorbereitet. Sie flohen in Scharen. Der Aktienkurs von Bilfinger brach schon zur Börseneröffnung um rund 16 Prozent ein und konnte sich bis zum Nachmittag nicht erholen. Damit stürzte der Wert des Unternehmens über Nacht um mehr als 600 Millionen Euro ab.

Investionskiller Energiemarkt

Koch gab einer wankelmütigen Energiepolitik die Schuld an den stockenden Bilfinger-Geschäften. „Niemand, der etwas mit Energie zu tun hat, trifft derzeit noch irgendeine Investitionsentscheidung“, sagte er. So sei der Markt für den Bau industrieeigener Kleinkraftwerke vollständig erlahmt. Betreiber von Großkraftwerken sparten bei Reparaturen und Betriebskosten. Selbst in Polen, einem wichtigen Markt für Bilfingers Kraftwerksspezialisten, brächten deutsche Einflüsse den Markt durcheinander: „In Polen hat der häufig kostenlos ins Land gebrachte Windstrom die Kalkulationsbasis der Kraftwerksbetreiber zerstört.“

In den beiden Bilfinger-Sparten Kraftwerksservice und Industrieservice verhängte der Vorstand zunächst einen Einstellungsstopp. Koch deutete auch Entlassungspläne an, ohne sich auf eine Größenordnung festlegen zu lassen. Besonders betroffen sei der Bau von Hochdruck-Rohrleitungen. Wichtigster Standort dabei ist Oberhausen im Ruhrgebiet. Bereits zuvor hatte der Vorstand den Abbau von 1250 Verwaltungsstellen angekündigt. Damit sollen ab 2015 rund 90 Millionen Euro jährlich gespart werden.

An den mittelfristigen Wachstums- und Gewinnzielen hielt Koch unverändert fest. „Wir sind nicht im freien Fall“, unterstrich er. „Niemand muss sich Sorgen machen, dass die Dividende ausfällt oder wir unsere Akquisitionspläne nicht durchführen.“ Für die nächsten 18 Monate ständen 650 Millionen Euro für den Zukauf weiterer Beteiligungen und damit für das Vorantreiben der Internationalisierung bereit. Ab dem Jahr 2016 will Koch nach früheren Angaben den Nettogewinn auf 400 Millionen Euro hochschrauben.

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