Den Energiekonzernen steht wegen des beschleunigten Atomausstiegs nach der Katastrophe von Fukushima eine "angemessene" Entschädigung zu. Dies stellte das Bundesverfassungsgericht nach Klagen von E.on, Vattenfall und RWE fest. Dem Urteil zufolge muss der Gesetzgeber bis Ende Juni 2018 einige Neuregelungen schaffen.

Das Bundesverfassungsgericht bestätigte im Wesentlichen die Regelungen zum Atomausstieg. Sie seien zumutbar und wahrten die Bestimmungen zum Eigentum. Allerdings müssen die Konzerne für Reststrommengen entschädigt werden, die ihren Meilern beim ersten Atomausstiegsbeschluss im Jahr 2002 zunächst zugeteilt und 2011 wieder gestrichen wurden.

Unvereinbar mit dem Grundgesetz ist laut den Richtern auch, dass im Gesetz von 2011 kein Ausgleich für Investitionen vorgesehen ist. Dabei geht es um Investitionen, die die Unternehmen während der zwischenzeitlich beschlossenen Laufzeitverlängerung getätigt hatten.

Mit dem Urteil des Verfassungsgerichts wird den Unternehmen kein Geld zugesprochen. Es schafft aber die Grundlage, um Ansprüche außergerichtlich oder in weiteren Prozessen durchzusetzen.

Ausstieg vom Ausstieg vom Ausstieg

Die Koalition aus FDP, CDU und CSU hatte 2011 nach der Reaktorkatastrophe in Fukushima für die 17 deutschen Kraftwerke eine zuvor beschlossene Laufzeitverlängerung zurückgenommen. 2010 hatte Schwarz-Gelb die Kernenergie als Brückentechnologie bezeichnet und damit den 2002 von Rot-Grün eingeleiteten Ausstieg zurückgenommen.

Mit dem endgültigen Ausstieg 2011 wurde besiegelt, dass spätestens Ende 2022 Schluss ist mit der Atomkraft. Bis dahin müssen alle Meiler zu jeweils festgeschriebenen Terminen vom Netz. Die ursprünglich zugesagten Extrastrommengen aus dem Jahr 2010 wurden wieder zurückgenommen.

Nach Darstellung der Atomkonzerne verursacht das großen wirtschaftlichen Schaden. Die Gesamtforderungen wurden nie beziffert, zeitweise wurde der Betrag auf 19 Milliarden Euro geschätzt. "Milliardenforderungen sind definitiv vom Tisch", sagte Staatssekretär Jochen Flasbarth nach dem Urteil. Eine RWE-Sprecherin sagte: "Wir gehen nicht davon aus, dass hier Entschädigungen in Milliardenhöhe erfolgen werden." Wie hoch die Ausgleichszahlungen ausfallen, könne sie nicht sagen: "Hier ist zunächst auch mal der Gesetzgeber gefordert."

Streit um Kosten für Altlasten

Offen ist, ob die Großversorger ihre möglichen Ansprüche auch wirklich durchsetzen. Denn in Berlin laufen parallel Verhandlungen über die Aufteilung der Kosten für die Entsorgung der atomaren Altlasten. Hier sind die Konzerne darauf angewiesen, dass die Bundesregierung ihnen entgegen kommt. Vorgesehen ist, dass der Staat ihnen die Haftungsrisiken für die Endlagerung abnimmt. Als Gegenleistung sollen die Unternehmen eigentlich alle Klagen fallenlassen. 

Geplant ist, dass der Staat den Unternehmen die Verantwortung für die Atommüllendlagerung abnimmt. Dafür müssen diese gut 23 Milliarden Euro an einen Staatsfonds überweisen. Für Stilllegung und Abriss bleiben die Unternehmen verantwortlich.