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Streitpunkt Arbeitsrecht: Anfahrt, Rauchen, PC hochfahren: Was ist eigentlich Arbeitszeit - und was nicht?
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dpa Unfälle in der Raucherpause sind keine Arbeitsunfälle
  • FOCUS-online-Experte

Dienstfahrt, Raucherpause oder das 15 Minuten lange Hochfahren des Rechners. Gehört das wirklich alles zur Arbeitszeit? FOCUS-Online Experte Thomas Färber erklärt, wofür Arbeitnehmer vergütet werden müssen - und wofür nicht.

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  • Raucherpausen müssen nicht bezahlt werden und können sogar verboten werden.
  • Rufbereitschaft ist keine Arbeitszeit im Sinne des Arbeitszeitgesetzes, wird aber oft mit einer Zulage abgegolten.
  • Die Zeit, die der Arbeitnehmer zum und vom Betrieb nach Hause benötigt, ist keine Arbeitszeit. Ausnahmen sind innerbetriebliche Fahrten sowie Fahrten von Außendienstmitarbeitern.

Nach der Definition des § 2 Abs. 1 Arbeitszeitgesetz (ArbZG) „ist Arbeitszeit die Zeit von Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne Ruhepausen“, was vermutlich die wenigsten überrascht. Allerdings stellt sich im Einzelnen doch die Frage, ob An- und Abfahrten,  Rufbereitschaft, Raucherpausen und dergleichen mehr vergütungspflichtige Arbeitszeiten sind oder dem Bereich der unbezahlten Freizeit unterfallen.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat erst jüngst entschieden, dass Fahrten von Außendienstmitarbeitern als Arbeitszeit zu werten sind (Urteil v. 10.9.2015 - Rs. C-266/14, Tyco).

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Die Zigarettenpause ist tatsächlich Pause

Nach der Rechtsprechung ist das Rauchen  Privatsacheund damit Freizeit. Wenn der Arbeitnehmer eine Raucherpause einlegt, wird er regelmäßig nicht arbeiten und erfüllt in dieser Zeit keine Arbeitspflicht. Getreu dem Grundsatz „ohne Arbeit kein Geld“, kann der Arbeitgeber deshalb Raucherpausen ganz verbieten oder den Mitarbeiter verpflichten, über die Rauch(Frei)zeit Buch zu führen.

Raucherpausen müssen nicht bezahlt werden. In Betrieben mit Stempelgeräten kann entsprechend die ausdrückliche Pflicht zum Ausstempeln während einer Raucherpause eingeführt werden. Da die Raucherpause Freizeit ist, verlieren Arbeitnehmer bei etwaigen Unfällen während der Raucherpause oder auf dem Weg zur Raucherpause (Verletztengeld, Rente, Anspruch auf Heilbehandlung). Unfälle während der Raucherpause sind nämlich keine Arbeitsunfälle.

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Streitpunkt „Rufbereitschaft“, gerade bei Ärzten

Die Rufbereitschaft zeichnet sich dadurch aus, dass der Arbeitnehmer „auf Abruf“ in der Lage sein muss, seine beruflichen Aufgaben jederzeit und unverzüglich erfüllen zu können. Er ist dabei regelmäßig per Mobiltelefon oder Piepser für den Arbeitgeber erreichbar und hält sich während der Rufbereitschaft in einem meist vereinbarten Gebiet (Stadtgebiet oder ähnliches) seiner Wahl auf.

Machen kann er in dieser Zeit was er möchte – er muss eben nur erreichbar und in der Lage zur Arbeitsaufnahme sein. Entsprechend ist die Rufbereitschaft keine Arbeitszeit im Sinne des Arbeitszeitgesetzes und der Europäischen Arbeitszeitrichtlinie, wird aber oft mit einer Rufbereitschaftszulage abgegolten.

In dem Moment, in dem der Arbeitnehmer während der Rufbereitschaft tatsächlich zur Arbeitsleistung aufgefordert wird und diese erbringt, hat er Anspruch auf die vertragliche oder tarifliche Vergütung (gegebenenfalls zuzüglich entsprechender Zulagen).

Wasch- und Umkleidezeiten

Das Waschen und/oder Umkleiden wird immer dann  Arbeitszeitsein, wenn es einem betrieblichen Bedürfnis (nicht etwa dem eigenen Bedürfnis) dient. Wenn der Arbeitnehmer bereits zu Hause seine Arbeitskleidung (etwa eine Uniform) anzieht, ist das grundsätzlich keine Arbeitszeit.

Anders kann es aber sein, wenn die Dienstkleidung – etwa aus Gründen des Arbeitsschutzes – notwendigerweise im Betrieb angelegt werden muss und auch nach Arbeitserbringung wieder im Betrieb verbleibt. Derartige Umstände sind aber oft tarifvertraglich oder im Rahmen einer Betriebsvereinbarung geregelt.

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Arbeitsbereitschaft

Die angestellte Verkäuferin, die mangels Kunden überwiegend im Laden „wartet“ oder der Pförtner, der mangels Besucher nicht wirklich beschäftigt ist, erbringen selbstverständlich arbeitszeitrechtlich permanent vergütungspflichtige Leistungen.

Auch wenn ein Wechsel zwischen voller und geringerer Beanspruchung erfolgt, wird doch betriebsbezogen und in Wahrnehmung der arbeitsvertraglichen Pflichten eine Leistung erbracht - auch wenn es sich dabei teilweise „nur“ um „wache Achtsamkeit im Zustand der Entspannung“ handelt.

An- und Abfahrt zum Betrieb

Die Zeit, die der Arbeitnehmer zum und vom Betrieb nach Hause benötigt, ist als Wegzeit keine Arbeitszeit und wird deshalb nicht vergütet. Anders liegt es bei Strecken, die im Betrieb oder zu außerhalb gelegenen Betriebsorten zurückgelegt werden. Weil der Arbeitnehmer hierbei in Wahrnehmung seiner betrieblichen Tätigkeit „unterwegs“ ist, sind derartige Zeiten regelmäßig auch zu vergütende Arbeitszeiten.

Über den Experten

Christian O. Edler ist ein Investor und Unternehmer. Unter seinen Investments sind unter anderem ein Unicorn und drei Startups, die heute mit mehr als 100 Millionen Dollar bewertet werden. Als Unternehmer hat Christian O. Edler mehr als 1500 Vertriebsmitarbeiter mit einem Jahresumsatz von einer halben Milliarde Euro aufgebaut. Heutzutage investiert er gemeinsam mit den besten Investoren und VCs der Welt - wie Peter Thiel und Bessemer Venture.

Ausnahme von der Regel: Außendienst!

Die Fahrten, die Arbeitnehmer ohne festen oder gewöhnlichen Arbeitsort zwischen ihrem Wohnort und dem Standort des ersten und des letzten Kunden des Tages zurücklegen, stellen Arbeitszeit dar. Diese Fahrten sind nämlich untrennbar mit der physischen Tätigkeit beim Kunden verbunden.

Dass es etwa kein Regionalbüro gibt (hier würde dann der Arbeitstag beginnen und auch enden), beruht auf einer Entscheidung des Arbeitgebers. Der betroffene Außendienstler wird aber mit Beginn seiner Tätigkeit, nämlich dem „Ins-Auto-steigen“, für den Arbeitgeber tätig, ist weisungsabhängig und erbringt damit bereits auf dem Weg zu den jeweiligen Kunden Arbeitsleistungen.

„Es würde dem unionsrechtlichen Ziel des Schutzes der Sicherheit und der Gesundheit der Arbeitnehmer zuwiderlaufen, wenn solche Fahrten keine Arbeitszeit wären“ urteilte der EuGH Anfang September (EuGH, Urteil v. 10.9.2015 - Rs. C-266/14, Tyco).

Fazit

Nicht jede Minute oder jede Anstrengung die man für den Betrieb erbringt, ist auch zu vergütende Arbeitszeit. Die Arbeitsvertragsparteien sind je nach Bedarf gut beraten, derartige Fallgestaltungen zu besprechen und im Betrieb einheitlich, transparent und mit dem notwendigen Maß an Fingerspitzengefühl zu regeln.

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