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Nobelmarken: Bentley gegen Rolls Royce

Foto: Rolls-Royce

Luxusautos Bentley gegen Rolls-Royce - Punktsieg für Piëch

Rolls Royce oder Bentley - wer macht seine Sache besser? Vor rund 14 Jahren startete BMW und Volkswagen den Wettlauf um die Krone des Automobilbaus. Auf dem Papier sind beide erfolgreich - aber Bentley ist innovativer.

Berlin - Es war ein klassischer Fehlstart, den Ferdinand Piëch 1998 beim Einstieg in die Luxusklasse hinlegte. Per Handstreich hatte der Konzernpatriarch im Übernahmekampf um Rolls-Royce den Rivalen BMW ausgestochen - und für knapp 750 Millionen Euro den Zuschlag erhalten. Doch den Hausjuristen war entgangen, dass das Paket lediglich die Fabrik, einige hundert Arbeiter und die Rechte für die Marke Bentley enthielt. Als der Lapsus auffiel, hatte sich BMW längst die Namensrechte für Rolls Royce gesichert. Statt der ursprünglich kalkulierten 900 Millionen kostete BMW der Einstieg bei Rolls-Royce so am Ende nur 120 Millionen.

Hunderte Millionen für ein Emblem, lästerten Piëch-Kritiker und Analysten anschließend. "Bentley ist jeden Penny wert", hielt der Alte ungerührt dagegen.

Er sollte Recht behalten: Inzwischen, rund 14 Jahre später, kann Bentley auf eine eindrucksvolle Erfolgsgeschichte zurückblicken. Allein 2013 lieferte die britische Automanufaktur mehr als 10.000 Autos aus - ein Zuwachs von 19 Prozent gegenüber den bereits üppigen Absatzzahlen im Vorjahr und die Bestmarke in der 95-jährigen Geschichte des Unternehmens.

Der im Geschäftsbericht ausgewiesene operative Gewinn stieg sogar noch rasanter. Hatte er 2011 noch acht Millionen Euro betragen, so waren es 2012 bereits mehr als 100. Und das vergangene Geschäftsjahr dürfte angesichts der üppigen Zuwachsraten bei den Auslieferungen noch einmal einige Millionen zusätzlich eingebracht haben.

Im Vergleich dazu fällt die Erfolgsbilanz der edlen BMW-Tochter Rolls-Royce auf den ersten Blick dürftig aus, auch wenn sie für sich genommen durchaus ansehnlich sind. Lediglich 3630 Autos fanden einen Käufer, ein Zuwachs von kaum zwei Prozent gegenüber dem Vorjahr . Über den Ertrag schweigt sich der Geschäftsbericht aus.

Bentley der Massenhersteller

Kritischen Nachfragen begegnen die Verantwortlich trotzdem mit breiter Brust. Rolls-Royce-Chef Torsten Müller-Ötvös beschreibt sein Unternehmen als "Kronjuwel der britischen Luxusgüter-Industrie". Auch in der Konzernzentrale blickt man voller Stolz auf die britische Tochter. "Die Marke ist ein Schmuckstück für den Konzern", versichert ein Sprecher und weist bei dieser Gelegenheit gleich jeden Verdacht auf Verluste zurück: "Mit der Rendite sind wir sehr zufrieden." Den direkten Vergleich mit Bentley halten die Münchener für unangemessen - zumindest lassen sie das durchblicken, wenn man auf die Erfolge des Rivalen hinweist. Sie ordnen Rolls-Royce eine ganze Klasse höher ein.

Wenn man den Preis und geringe Stückzahlen als Ausweis hoher Exklusivität versteht, ist da auch was dran. Im Vergleich zu Phantom und Co sind die Bentleys fast Massenware. Wohlhabende Käufer aus den USA, China und dem Nahen Osten geben dafür im Durchschnitt rund 200.000 Euro aus. Bei Rolls-Royce liegt der Durchschnittspreis bei knapp 400.000 Euro. Und Müller-Ötvös betont: "Wir haben keinerlei Absichten, in der Preispositionierung weiter herunter zu gehen". Schließlich wolle ein Rolls-Royce-Kunde alles - nur nicht, dass sein Wagen an jeder Ecke zu sehen sei.

Die Abgrenzung hält Autoexperte Stefan Bratzel von der Fachhochschule der Wirtschaft in Bergisch-Gladbach dennoch für eine Ausrede: "Es genügt nicht, nur den Traditionen zu folgen, man muss eine Marke auch weiter entwickeln".

Sieg nach Punkten

In diesem Punkt ist wiederum Volkswagen seinem Rivalen mehr als eine Nasenlänge voraus. Mit dem Continental GT orteten sie zielsicher die Lücke, die zwischen den Business-Limousinen der deutschen Premiumhersteller und dem absoluten Luxussegment besteht - und schufen so eine eigenständige zweite Modellfamilie unterhalb des Arnage. Mit dem seit 2009 gebauten Ghost versucht Rolls-Royce zwar dagegen zu halten, doch die Stückzahlen des GT erreicht er bei Weitem nicht.

Und Bentley dürfte den Vorsprung noch ausbauen - mit dem für 2016 avisierten SUV, für den bereits etliche Blindbestellungen vorliegen sollen. Ein Jahr später folgt eine Hybridversion, die für die noble Klientel in den USA und China gedacht ist, die womöglich bald nur noch per E-Antrieb in die Geschäftsviertel der Metropolen fahren dürfen. Von Rolls-Royce ist lediglich der Versuchsballon 102 EX in Erinnerung, ein Phantom mit reinem Elektroantrieb, der schnell im Museum verschwand.

Wer hat also seine Sache besser gemacht, Piëch oder BMW-Chef Norbert Reithofer? Wenn man allein auf Stückzahlen und die Entwicklung der Modellpalette abstellt, geht der Pokal an den klar VW-Patriarchen. Und trotzdem ist Reithofer nicht der Verlierer. Denn gerade im absoluten Luxussegment gelten noch andere Maßstäbe, an denen der Erfolg eines Unternehmens gemessen werden muss: Traditionen, die unabhängig von Modezyklen bestehen. Die geringe Zahl der gebauten Autos bei Rolls-Royce kann man insofern auch als Programm interpretieren, und nicht als Beleg für Erfolglosigkeit.

Den operativen Gewinn, den die beiden noblen Konzern-Töchter machen, sollte man dagegen nicht zu hoch bewerten. Experten halten es nämlich für ausgeschlossen, dass auf der Soll-Seite der Bilanz wirklich alle Kosten verbucht sind. Das gilt die Entwicklung von Motoren, Getrieben und Fahrwerken ebenso wie für die Fertigung von Komponenten in anderen Werken des jeweiligen Konzerns. "Ganz streng gerechnet ist jedes Auto bei so geringen Stückzahlen ein Zuschussgeschäft", erklärt ein Analyst. Der operative Gewinn diene nur dazu, die Aktionäre zu beruhigen und um Käufer nicht zu verschrecken: "Wer kauft schon ein Auto von einer Marke, die als chronischer Verlustbringer bekannt ist".

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