In mehreren Städten Brasiliens haben erneut Zehntausende Menschen gegen Misswirtschaft, Korruption und steigende Kosten protestiert . Alleine in São Paulo schätzte die Polizei die Teilnehmerzahl auf bis zu 50.000 Menschen. Die Proteste verliefen weitgehend friedlich, vereinzelt kam es jedoch zu Plünderungen und gewaltsamen Ausschreitungen.

In São Paulo marschierten die Demonstranten von der Kathedrale der Stadt zum Sitz des Bürgermeisters. Einige von ihnen wollten sich Zugang zum Rathaus verschaffen. Die Polizei reagierte darauf mit dem Einsatz von Tränengas. Eine Gruppe von Randalierern setzte in der Nähe einen Übertragungswagen des Fernsehens, ein Wachhäuschen der Polizei und eine Bankfiliale in Brand. Geschäfte wurden geplündert und verwüstet.

Auch in etwa 30 kleineren Städten fanden Demonstrationen statt. In São Gonçalo in der Nähe von Rio de Janeiro protestierten 5.000 Menschen, im nordöstlichen Juazeiro do Norte etwa 8.000 Menschen. Bereits in der Nacht zum Montag hatten sich landesweit über 200.000 Menschen an Demonstrationen in über zehn Städten Brasiliens beteiligt, darunter in Rio, Brasília und São Paulo. 

Politik reagiert verständnisvoll

Die Proteste zeigen erste Wirkung. Sieben Städte des Landes haben angekündigt, die Anhebung der Fahrpreise für öffentliche Verkehrsmittel – eine Hauptforderung der Demonstranten – wieder zurückzunehmen. Auch São Paulos Bürgermeister Fernando Haddad signalisierte erstmals seit der Erhöhung der Preise am 2. Juni die Möglichkeit, die Tariferhöhung rückgängig zu machen.  

Außerdem kritisieren die Demonstranten die Milliarden-Ausgaben für die bevorstehenden Sport-Großereignisse Fußball-WM und Olympische Spiele. Fifa-Präsident Joseph Blatter zeigte Verständnis für die Proteste. "Ich kann verstehen, dass die Menschen nicht glücklich sind. Aber ich denke, sie sollten den Fußball nicht dazu nutzen, um ihre Forderungen zu verkünden", sagte er dem Fernsehsenders TV Globo. 

"Brasilien hat diese WM verlangt. Wir haben Brasilien diese Weltmeisterschaft nicht aufgezwungen. Sie wussten, um die WM zu bekommen, müssen Stadien gebaut werden", sagte Blatter. Aber diese seien nicht nur für die Weltmeisterschaft gedacht. Neben den Stadien gebe es auch andere Bauvorhaben, wie Straßen, Hotels und Flughäfen, die für alle Menschen erhalten blieben.

Brasiliens Fußballer unterstützen Proteste

Rückendeckung erhalten die Demonstranten dagegen von  Brasiliens Cheftrainer Luiz Felipe Scolari und einigen seiner Fußball-Nationalspieler. Sie äußerten sich positiv zu den Massendemonstrationen in ihrem Lande. "Viele denken, dass Fußballer nur an Fußball denken. Aber wir wissen, was gerade passiert. Wir wissen, dass sie Recht haben mit ihren Protesten und dass in unserem Land viele Dinge verbessert werden können", sagte Stürmer Hulk von Zenit St. Petersburg .
Abwehrspieler David Luiz vom FC Chelsea sagte: "Die Leute haben das Recht, es auszudrücken, wenn sie nicht glücklich sind."

Scolari wies bei der Pressekonferenz vor dem Spiel des fünfmaligen Weltmeisters beim Confederations Cup gegen Mexiko Vermutungen zurück, seine Mannschaft könne wie zu Zeiten der Militär-Diktatur von den Demonstrationen politisiert werden. "Die Seleção ist das Volk", sagte er. "In einer Demokratie ist es normal, dass man diese Demonstrationen akzeptiert und dass sie von der Regierung wahrgenommen werden. Wir wünschen uns, dass sie weiter friedlich sind."Seine Spieler hätten "alle Freiheit" sich dazu zu äußern.