Opel Ampera 1.4 im Test
Blitz-gescheit und Pendel-bereit

Elektroantrieb, Range-Extender und Hybrid – der neue Opel Ampera vereinigt klug die wichtigsten Genres der Elektromobilität. auto motor und sport fühlt dem E-Auto im Test auf den Zahn.

Opel Ampera, Front
Foto: Rossen Gargolov

Es wird Sie vielleicht überraschen, aber die Zukunft des Automobils fährt völlig unspektakulär. Sie bietet vier Sitzplätze, ist erstaunlich agil, federt komfortabel und lenkt – etwas synthetisch – präzise ein. Was alles nicht selbstverständlich erscheint, wenn man sich den Bohei anschaut, der um den Opel Ampera und seinen Zwillingsbruder Chevrolet Volt in den letzten Jahren gemacht wurde.

Hoffnungsträger, Klimaverbesserer oder Verlustgeschäft, was hat der Teilzeit-Stromer nicht alles für Attribute bekommen. In den USA nahm die Diskussion zuletzt hochpolitische Dimensionen an. Kein Wunder, wenn der prominenteste Förderer Barack Obama heißt. Dessen Gegnern kam es gerade recht, dass Wochen nach einem Crashtest von NHTSA, der amerikanischen Verkehrssicherheitsbehörde, ein Volt-Akku in Flammen aufging. Nüchtern betrachtet nur eine Folge der Entladestrategie, besserte GM die Akkubehausung trotzdem nach. Ein Vorfall, der inzwischen symptomatisch für den Umgang von GM mit der E-Mobilität ist: Während viele denken, man könne über die Akkuprobleme einfach hinweggehen, wird dort gehandelt.

Opel Ampera vereint die Spielarten der E-Mobilität

Das Konzept des Opel Ampera ist nichts Neues. Einen Range-Extender bot bereits Anfang des letzten Jahrhunderts ein Lohner-Porsche, Toyota spielt längst ganz oben auf der Hybrid-Klaviatur, und das Elektroauto ist so neu wie der Ottomotor. Die große Leistung des Opel Ampera ist, die verschiedenen Spielarten der E-Mobilität in einem Auto zu vereinen: Er versucht erst gar nicht, den Reichweiten-Champ zu mimen, sondern bietet mit bis zu 60 Kilometern so viel elektronische Reichweite aus seinem T-förmig im Unterboden liegenden 16-kWh-Lithium-Ionen-Akku, wie sie in 80 Prozent aller täglichen Fahrten gebraucht wird. Denn während die Fahrstrecken-Relevanz jeder zusätzlichen Kilowattstunde Batterieleistung exponenziell abnimmt, steigen Kosten und Gewicht weiterhin linear.

Richtig leer wird der Akku nie, denn Opel entlädt den Stromspeicher aus Haltbarkeitsgründen nur zu 70 Prozent. In 5,5 Stunden saugt er sich an 230 Volt wieder mit Elektronen voll. Bei „leerem“ Akku springt dann der Range-Extender an. Dieser Vierzylinder-Motor von der GM Powertrain-Stange, der in einem verbrauchsoptimierten Betriebspunkt den Generator rotieren lässt, ist zwar beileibe kein Verbrauchs- oder Technikwunder, aber tausendfach bewährt und gerade mal so teuer wie sonst Akkuzellen für 20 bis 30 Kilometer mehr Fahrradius. Der 1,4-Liter befreit quasi zum Discount-Kurs den E-Auto-Fahrer von der gerade im Winter allgegenwärtigen Angst vor einer leeren Batterie und den Opel Ampera von seiner weißen Emissionsweste – zumindest lokal. Nun ist er nämlich ein Hybrid, ein serieller, um genau zu sein: zwei Energiequellen und zwei in Reihe liegende Antriebe.

Der Aufbau des Antriebs ähnelt mit einem Planetenradgetriebe, einem Verbrenner und zwei Elektromotoren ein wenig dem leistungsverzweigten Toyota-Prinzip. Der Unterschied zum Prius ist neben der viel größeren Akkukapazität des Opel Ampera, dass die Elektroabteilung mit maximal 111 kW deutlich mehr Leistung als der 63-kW-Verbrenner bietet.

Bedienkonzepten fehlt es noch an Feintuning

Wann der Opel Ampera rein elektrisch fährt, kann der Fahrer mit dem so genannten „Driveselect“-Schalter vierstufig auch selbst bestimmen. Im „Halten“-Modus wird der rein elektrische Fahrbetrieb für die nächste Fahrt in der Stadt aufgespart und im Modus „Gebirge“ die untere Entladestufe angehoben. Alles untermalt von vielen bunten Anzeigen und einer Flut an unterschiedlichen Bedienkonzepten, für deren Feintuning am Schluss wohl nicht mehr genug Zeit war. Dazu hüpft beharrlich ein grüner Effizienz-Ball neben dem Digitaltacho und zeigt an, wie ökonomisch der Opel Ampera pilotiert wird. Wenn Sparen zum Sport wird, hat ein Auto schon viel erreicht.

In seinem dritten Betriebsmodus wird der Opel Ampera dann zum parallelen Hybrid. Denn bei höherem Tempo (zirka 70 km/h) schließen zwei Kupplungen eine direkte mechanische Kopplung vom Ottomotor über den Generator ins Planetengetriebe auf die vordere Antriebsachse – zusammen mit dem zweiten Elektromotor. Das senkt die Verluste bei Stromerzeugung und Speicherung um zehn Prozent. Elektrophilosophisch für manche bedenklich, aber energetisch clever. Diese Antriebsvarianz erklärt dann auch das unstete Beschleunigungsverhalten des Opel Ampera. Im reinen E-Modus treibt nur der limitierte Akkustrom den Haupt-Elektromotor an: 10,7 Sekunden von null auf 100 km/h vergehen. Springt der Range-Extender ein, schickt auch der Generator seine Ampere hinzu, und die Beschleunigung verbessert sich auf 10,1 Sekunden. Jedoch sinkt bei konstant sehr hoher Leistungsanforderung irgendwann das Spurtvermögen deutlich. Aber wer fährt schon konstant Vollstrom?

Die 63 kW des Range-Extenders reichen dagegen locker, um das Höchsttempo von 161 km/h gegen die Fahrwiderstände zu verteidigen. Die Elektro-Flunder Opel Ampera (cW-Wert 0,27) schneidet munter durch den Gegenwind und lässt im reinen Elektromodus mit seiner gleichmäßig-kraftvollen Art und der sensationellen Laufruhe jeden Zwölfzylinder wie einen Brummbär wirken. Im Range-Extender-Modus brummt der Vierzylinder dagegen nicht mehr so vornehm: vier Dezibel mehr bei 100 km/h als im reinen E-Modus. Die Bremse wirkt etwas stumpf, steht aber im grünen Bereich.

Verbrauch zwischen 3,4 und 9,7 Liter

Den erreicht der Opel Ampera beim Verbrauch mal locker und mal gar nicht: Über 59 Kilometer braucht der Ampera keinen Tropfen Benzin und ist lokal emissionsfrei. Wer sich fast nur in diesem Bereich bewegt und vielleicht noch an der Arbeitsstelle aufladen kann, wird den Stromer lieben. Bei leerem Akku nimmt der Vierzylinder-Motor mit rund acht Litern aber einen tiefen Schluck aus der Zapfsäule. Dazwischen sind je nach Nutzungsprofil alle Werte vorstellbar, so dass die offizielle Verbrauchsangabe von 1,2 Liter/100 km in seltenen Fällen zu hoch, meistens aber zu niedrig ist. Auch 5,7 L/100 km auf der auto motor und sport-Verbrauchsrunde sind nur ein Teil der Wahrheit. Rechnet man auf 100 Kilometer erst die E-Reichweite ein und dann über 41 km den Benziner, ergibt sich ein kombinierter Verbrauch von 3,4 Litern.

Für kühle Rechner lohnt sich der mindestens 45.500 Euro teure Opel Ampera selten. Für unter 30.000 Euro warten ein Toyota Prius oder diverse Diesel-Kompakte, und für die fünfstellige Preisdifferenz lässt sich viel Sprit zapfen. Selbst die Emissionen taugen korrekt berechnet nur bedingt als Argument, da auf jedem Kilowatt erzeugtem Strom in der EU eine CO2-Last von 475 Gramm liegt. Das macht im Test durchschnittlich 140 g CO2/100 km. Immerhin bietet Opel auch Ökostrom-Tarife an, die auf dem Papier das gute Umweltgewissen unterstützen.

Doch mit strenger Rechnerei wird man diesem faszinierenden Technikobjekt so wenig gerecht wie einem Aston Martin mit Dezibel-Messwerten. Sicherlich gibt es im Bereich des Verbrenners, der Bedienung und dem Preis noch Potenzial, aber so viel Elektroauto mit so wenig Reue gab es bisher noch nie.

Vor- und Nachteile
Karosserie
gutes Raumangebot
ordentliche Verarbeitung
reichlich Ablagen
einfaches Ladekonzept
etwas überladene Anzeigen
wenig strukturiertes Bedienkonzept
eingeschränkte Rundumsicht
nur dürftige Anzeigen der Verbrauchsstatistik
Fahrkomfort
im reinen Elektromodus sehr leise und laufruhig
komfortable Sitze
gute Federung
erhöhte Fahrgeräusche im Range-Extender-Modus
Antrieb
gute Fahrleistungen
gleichmäßige Beschleunigung
brauchbare E-Reichweite
lange Ladedauer
Fahreigenschaften
hohe Fahrsicherheit
agiles Fahrverhalten
gute Traktion
guter Geradeauslauf
etwas synthetisches Lenk- und Bremsgefühl
Sicherheit
gute Airbag-Ausstattung
standfeste Bremsen
kein Notbremsassistent
Umwelt
lokal emissionsfrei im Elektromodus
extrem niedriger Kurzstreckenverbrauch
niedrige Außengeräusche (Stadtbetrieb)
hoher Langstreckenverbrauch
Kosten
niedrige Spritkosten
hoher Grundpreis

Fazit

„Er ist kein reines Elektroauto, und das ist auch gut so. Das macht ihn praxistauglich und zugleich technisch faszinierend“ Alexander Bloch überzeugt der Range-Extender.

Technische Daten
Opel Ampera 1.4 ePionier Edition
Grundpreis43.600 €
Außenmaße4498 x 1787 x 1439 mm
Kofferraumvolumen310 bis 1005 l
Hubraum / Motor1398 cm³ / 4-Zylinder
Leistung111 kW / 150 PS bei 4800 U/min
Höchstgeschwindigkeit161 km/h
0-100 km/h10,7 s
Verbrauch0,0 kWh/100 km
Die aktuelle Ausgabe
AUTO MOTOR UND SPORT 08 / 2024
AUTO MOTOR UND SPORT 08 / 2024

Erscheinungsdatum 27.03.2024

148 Seiten