Kurz vor den Ferien nehmen manche Eltern die Schulpflicht nicht mehr so genau. Um Staus zu entkommen oder billigere Flugangebote zu nutzen, erfinden sie spontane Erkrankungen der Kinder. Doch wer eigenmächtig die Schulferien ausdehnt, kann bis zu 2500 Euro Strafe zahlen.
Die Bundesländer nehmen es mit dem Bildungsauftrag sehr genau. Eltern manchmal nicht – und das meist während der Ferienzeit. Sie dehnen die Schulferien eigenmächtig aus, sei es um preiswerte Flüge zu ergattern oder aber der Chef hat den Urlaub nicht pünktlich zur Ferienzeit genehmigt. Also nehmen Mütter und Väter ihre Sprösslinge vor dem offiziellen Ferienbeginn aus der Schule. Bundesweite offizielle Statistiken darüber gibt es nicht, doch der Deutsche Lehrerverband beobachtet seit Jahren den Trend zum Kurzzeitschwänzen um die Ferienzeit herum. Am häufigsten verlängern Eltern zu Ostern, Pfingsten, Weihnachten und in den Sommerferien.
Um juristischen Ärger zu vermeiden, können Eltern ihre Kinder von der Schule freistellen lassen. „Wird die Oma 80 oder heiratet die Tante, kann der Schulleiter Sonderurlaub genehmigen“, sagt Josef Kraus, Präsident des Deutschen Lehrerverbands. Eine Selbstverständlichkeit sei dies jedoch nicht. Günstigere Reiseangebote oder bereits gebuchte Flüge reichten als Grund nicht aus, einen Sonderurlaub zu genehmigen.
Bis zu 2500 Euro Strafe
Wer erwischt wird, bekommt es nicht nur mit dem Schulamt zu tun, sondern in einigen Fällen auch mit der Bundespolizei und schlimmstenfalls mit der Staatsanwaltschaft. An deutschen Flughäfen kontrollieren Beamte der Bundespolizei um die Ferienzeit häufig genauer. Haben sie den Verdacht, dass ein Kind im schulpflichtigen Alter ist, müssen Eltern in der Lage sein, eine Befreiung von der Schule vorlegen zu können. Werden Schulschwänzer erwischt, benachrichtigt die Polizei die Schule der Kinder. Denn vielen Müttern und Vätern ist nicht bewusst, dass sie eine Ordnungswidrigkeit begehen, die sogar mit einer Geldstrafe geahndet werden kann. Vor allem notorischen Kurzzeitschwänzern drohen Tausende Euro Strafe.
In Hessen ahnden Schulämter das Schwänzen mit 100 Euro, ab sechs Fehltagen mit 150 Euro. In Nordrhein-Westfalen kann das Kurzzeitschwänzen bis zu 1000 Euro kosten. Berlin verlangt sogar über 2000 Euro. In Bayern liegt das Bußgeld zwischen fünf und 1000 Euro. Ob und in welcher Höhe das Schulamt ein Bußgeld verhängt, wird immer im Einzelfall entschieden. Um Eltern das Schwänzen zu erschweren,hat die Bezirksregierung in Düsseldorf vergangenes Jahr Schulen angewiesen, besonders an Tagen vor und nach den Ferien von den Schülern bei Fehlzeiten ein ärztliches Attest zu verlangen. „Eltern beschweren sich – zu Recht – über jede Stunde, die ausfällt. Von daher ist es unverständlich, wenn sie ihre Kinder aus der Schule nehmen, um dadurch die Ferien eigenmächtig zu verlängern.“ Väter und Mütter müssten sich hier ihrer Vorbildfunktion bewusst sein.
Josef Kraus glaubt, dass das Kurzzeitschwänzen während der Ferien überwiegend in Großstädten stattfindet. „In kleinen Städten oder Dörfern ist die soziale Kontrolle größer.“ Kraus, der ein Gymnasium in der Nähe der Kleinstadt Landshut leitet, ist aufgefallen, dass vor allem unter Mitschülern das Gerechtigeitsempfinden stark ausgeprägt sei. „Sie machen dann Andeutungen der Lehrkraft gegenüber, die die vermeintliche Erkrankung infrage stellen.“ Der Pädagoge hält es außerdem für bedenklich, wenn Eltern ihre Kinder zum Lügen anstiften. Vor allem Jüngere kommen dann in eine missliche Lage. Es falle ihnen schwer, sich vor der Klasse und dem Lehrer nicht zu verplappern. Sie müssen vorgaukeln, sie wären krank gewesen, obwohl sie lieber von ihren Urlaubserlebnissen erzählen möchten. „Eltern sollten sich überlegen, was sie ihren Kindern eigentlich antun“, so Kraus.