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Armutsrisiko

Armutsrisiko bleibt für Arbeitslose, Rentner und Alleinerziehende hoch

Politik / Lesedauer: 3 min

In Nordrhein-Westfalen und Bayern ist die Quote gestiegen – In Baden-Württemberg sind es 11,4 Prozent
Veröffentlicht:23.02.2016, 21:05

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Obwohl es der deutschen Wirtschaft prächtig geht, ist der Anteil der Armen in Deutschland zuletzt nur leicht auf 15,4 Prozent der Bevölkerung gesunken. Der Rückgang betrug lediglich 0,1 Prozentpunkte, wie der Paritätische Wohlfahrtsverband bei der Vorstellung seines Armutsberichts 2016 am Dienstag in Berlin erklärte. Damit sei der Trend seit 2006 erst einmal gestoppt, sagte Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands. Doch Entwarnung könne man nicht geben.

Insgesamt gelten rund 12,5 Millionen Menschen bundesweit als arm. Das bedeutet, ihnen stehen weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens zur Verfügung. In Deutschland liegt diese Schwelle für Alleinstehende bei 917 Euro im Monat, für einen alleinerziehenden Elternteil mit einem Kind bis 14 Jahre bei 1192 Euro und bei einem Paar mit zwei Kindern bei etwa 2000 Euro.

Erfolge im Kampf gegen Armut verzeichnen Bremen, Mecklenburg-Vorpommern oder auch Berlin. Zwei der größten Bundesländer zeigen jedoch genau den umgekehrten Trend an. In Bayern stieg die Armutsquote von 11,3 auf 11,5 Prozent an. Die erschreckenste Entwicklung lieferte Nordrhein-Westfalen. Seit 2006 gibt es immer mehr arme Menschen in dieser Region. Die Quote erreicht laut Bericht 17,5 Prozent. 2013 lag sie noch bei 17,1 Prozent. Als armutspolitische Problemregion gilt das Ruhrgebiet. Hier zählt bereits jeder fünfte Einwohner zu den Armen. In Baden-Württemberg ist die Armut am wenigsten ausgeprägt (11,4 Prozent). In der Region Bodensee-Oberschwaben waren es 8,1 Prozent (2013: 7,8).

Wenig überraschend ist, wer besonders von Armut bedroht ist. Mehr als 50 Prozent sind arbeitslos, rund 40 Prozent kümmern sich allein um ein Kind. Kinderreiche Familien, Migranten und schlecht qualifizierte Menschen gehören ebenso zu den armen Menschen in Deutschland.

Warnung vor Altersarmut

Erstmals liegt die Quote der von Armut betroffenen Rentner mit 15,6 Prozent über dem Durchschnitt. „Das sind die Vorboten einer Lawine der Altersarmut“, sagt Schneider. Die Armut unter Rentnern sei seit 2005 etwa zehn Mal so stark angewachsen wie beim Rest der Bevölkerung. Von den rund 12,5 Millionen armen Menschen zählen etwa 3,4 Millionen Menschen zu dieser Gruppe. Dieser Trend werde sich verstärken, sagt Schneider. In den kommenden zehn bis 15 Jahren würden schließlich zunehmend mehr Menschen mit gebrochenen Erwerbsverläufen ins Rentenalter kommen.

Die Experten sprechen sich für einen Kurswechsel in der Finanzpolitik aus. Sie plädieren etwa für eine Erhöhung von Steuern und Abgaben. Damit könnte etwa ein höherer Hartz-IV-Satz bezahlt werden. Der Bund solle aber auch mehr Geld in Bildungsangebote stecken und mehr Sozialwohnungen finanzieren.

Die Experten treten zudem Befürchtungen entgegen, dass die hohe Zahl der Flüchtlinge die Armut in Deutschland deutlich verschärfen wird. Das Horrorszenario, wonach die Flüchtlinge den Sozialstaat überstrapazieren würden, sei reine Stimmungsmache.