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Schriftliche Warnung Kanzleramt droht NSA-Aufklärern mit Strafanzeige

Ansage von oben: Das Kanzleramt setzt die NSA-Aufklärer im Parlament unter Druck - und droht juristische Schritte an. Immer wieder würden vertrauliche Informationen nach außen dringen. Damit soll nun Schluss sein.
Kanzleramt in Berlin: Gibt es einen Maulwurf im NSA-Ausschuss?

Kanzleramt in Berlin: Gibt es einen Maulwurf im NSA-Ausschuss?

Foto: Maurizio Gambarini/ picture alliance / dpa

Berlin - Der NSA-Untersuchungsausschuss im Bundestag ist vom Bundeskanzleramt energisch zum Schweigen ermahnt worden. Nach Informationen von SPIEGEL ONLINE wurde der Vorsitzende des Gremiums, Patrick Sensburg (CDU), schriftlich dazu aufgefordert, die Vertraulichkeit von als geheim eingestuften Dokumenten sicherzustellen.

Sensburg verlas das Schreiben am Mittwochabend bei einem Treffen der Ausschuss-Obleute von CDU, SPD, Grünen und Linken. In dem Papier geht das Kanzleramt explizit auf eine zurückliegende Enthüllung im SPIEGEL , einen Bericht in der "Süddeutschen Zeitung"  und zwei Berichte des Portals "Netzpolitik.org " ein. In mindestens vier Fällen hätten Medien aus geheimen Akten zitiert, die eigentlich dem Ausschuss vorbehalten seien - so der Vorwurf aus dem Haus von Angela Merkel.

Das Bundeskanzleramt behält sich juristische Schritte vor, sollte es zu weiteren mutmaßlichen Leaks aus dem Ausschuss kommen. Demnach werde man im Wiederholungsfall Strafanzeige erstatten, heißt es in dem Papier. Ursprünglich wurde offenbar erwogen, wegen eines möglichen Geheimnisverrats bereits jetzt Anzeige gegen Unbekannt einzureichen. Dann entschied man sich, es zunächst bei einer schriftlichen Verwarnung zu belassen.

"Ich habe mir nichts vorzuwerfen"

In der vergangenen Woche war eine Debatte über einen möglichen Maulwurf im Ausschuss entbrannt. Ein Auslöser dafür waren Äußerungen des SPD-Obmanns Christian Flisek. Der SPD-Politiker soll sich vor Journalisten auf geheime Akten berufen haben - so stellte es zumindest "Zeit Online" dar . Unter dem Decknamen Eikonal soll der Bundesnachrichtendienst (BND) über Jahre Daten aus dem größten deutschen Internetknoten in Frankfurt an die NSA weitergereicht haben.

Ausschuss-Chef Sensburg hatte daraufhin angekündigt, einen möglichen Verdacht auf Geheimnisverrat prüfen zu lassen. Diese Vorgehensweise sorgte in Teilen des Ausschusses für erheblichen Unmut. Flisek selbst betont, er sehe kein persönliches Fehlverhalten. Schließlich sei es Aufgabe der Aufklärer, während der laufenden Untersuchung politische Einschätzungen zu geben und die Öffentlichkeit zu informieren. "Ich habe mir nichts, aber auch rein gar nichts vorzuwerfen", sagte Flisek am Mittwoch. Den Vorwurf eines möglichen Geheimnisverrats weist er entschieden zurück.

Der Untersuchungsausschuss soll das Ausmaß der NSA-Spionageaffäre und die Rolle der deutschen Dienste beleuchten. Die Mitglieder und ihre Mitarbeiter sichten dafür Hunderte Akten, die sie aus den Bundesministerien, Geheimdiensten und anderen Behörden zur Verfügung gestellt bekommen. Zum Teil sind die Dokumente allerdings stark geschwärzt und nur eingeschränkt lesbar.