#Link11: La Familia

Hallo. Ich bin neu hier und gerade das freut mich. Die Jungs waren so nett, mich einzuladen. Danke dafür.  Ich bin nun so etwas wie der Großkreutz der Redaktion, als treuer Fokus-Fußball-Leser von der Tribüne auf den Rasen gewechselt. Ich hoffe, euch gefällt das, was ich mache. Bei Twitter findet ihr mich hier. So viel dazu.

Jetzt zum wichtigen, harten Business. Sepp Blatter prägte den Begriff der Familie des Fußballs, interpretierte ihn aber sehr eigenwillig. Sei es drum: Gleich in mehreren Links findet ihr heute einen Bezug dazu, unter anderem versuchen nun auch die Gelsenkirchner dem Paten ein Stück näher zu kommen. Bald läuft auch wieder die Bundesliga, endlich wieder vom Verband bezahlte schöne Choreographien, endlich wieder 15.30 Uhr. Auch die Link11 wartet heute mit einigen Bundesliga-Inhalten auf, zuerst aber das hier:

blogundpresseschau

1. Zu Beginn möchte ich den Fokus noch einmal auf das Thema lenken, dass derzeit die Gesellschaft am meisten beschäftigt. Die ankommenden Flüchtlinge. Mehrmals wurde auch hier auf viele Artikel hingewiesen, die das Engagement der Fankurven für Flüchtlinge aufgriffen und damit zeigten, dass der Fußball auch eine politische Dimension hat. Auch heute finden sich Links zu Portos 1€-Spenden-Vorschlag, zum Testspiel auf St. Pauli und noch mehr in der Linksammlung.

Hier oben möchte ich auf eine brillante (englischsprachige) Analyse von Rory Smith verweisen. Er fordert den Fußball auf, seiner gesellschaftlichen Verantwortung nachzukommen, arbeitet den Unterschied zwischen sozialem und politischen Engagement heraus und nimmt Fans und Klubs in die Pflicht, die Flüchtlinge willkommen zu heißen: „Der Fußball wurde fett und reich und behauptet immer, eine Familie zu sein. Genau deshalb muss er nun für diejenigen seiner Familie da sein, die es nötig haben“ (frei translated).

Die Premier League hat unterdessen Hinweise veröffentlicht, worauf Fans beim Zeigen von Transparenten im Stadion achten müssen. Es scheint, als ob an diesem Wochenende auch in England viele Refugee-Welcome-Plakate zu sehen sein werden. Gut so!

2. Nun aber zu Bundesliga: Das Sorgenkind heißt auch nach der Länderspielpause VfB Stuttgart. 0 Punkte und nur zwei geschossene Tore klingen für viele Fans weiterhin ziemlich doof. Den 122. Geburtstag des Vereins gestern nahm sich Christian Prechtl zum Anlass, schon am dritten Spieltag so etwas wie eine Abrechnung zu formulieren („Es ist zum Heulen!“).

Eine andere Perspektive nimmt Goldmansaxt ein. Er wundert sich darüber, dass sich Fans wundern, dass Julian Weigl dem VfB durch die Lappen gegangen ist (Link11 von gestern). Außerdem ledert er kurz gegen den Laptop-Trainer-Kritiker Mehmet Scholl, der nicht nur, aber vor allem auch VfB-Trainer Zorniger zu den Laptop-Jungs sortierte, und hinterlässt am Ende – zumindest mich- ratlos, was er denn nun eigentlich sagen will.

3. In Bremen beschäftigt seit dem April der Fall des in Untersuchungshaft sitzenden Ultras Valentin die Fanszene. Was zuvor schon ein politisches Thema war, wird spätestens jetzt sehr interessant. Es geht um den Grünen-Abgeordneten Wilko Zicht, einem Fan, der seit 25 Jahren in der Ostkurve steht und sich im Fanbündnis BAFF engagiert. Er soll die Pächterin des „Verdener Ecks“, also der Kneipe vor der es im April die Ausschreitungen zwischen linken und rechten Werder-Fans gab, genötigt haben, gegen Rechts Stellung zu beziehen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt, Zichts Immunität wurde aufgehoben. Zicht bestreitet die Vorwürfe vehement, da er nur vermitteln wollte und tatsächlich mutet der Fall sehr skurill an. Der Weserkurier hat die Hintergründe.

4. Unruhige Zeiten drohen auch der Schalker Geschäftsführung. Der Fanklub Ruhrknappen Bottrop erhebt schwere Vorwürfe gegen Peter Peters. Er soll Vereinsvermögen veruntreut haben und damit die Schalker Ikone, Rolf Rojek, vor dem finanziellen Ruin gerettet haben. Dumm nur: Scheinbar mit Schalker Geld, das nie wieder zurück gezahlt wurde. Pikant: Felix Magath hat das krumme Geschäft, das über die SFCV Fanbetreuung GmbH lief, laut der Darstellung des Fanklubs entdeckt und wollte den Fall aufklären. Das wurde ihm in der Öffentlichkeit als Angriff auf alle Fans gewertet, Magath musste gehen und schweigen. Die Omertà hält dicht. Ich bin mir sicher: Das werden spannende Tage. Und das obwohl Horst Heldt nicht beteiligt ist.

5. Von der Schalker Mafia-Familie war heute morgen bei Twitter demnach schnell zu lesen. Das große Vorbild findet sich, na klar, in Zürich. Die Fifa hat sich mit dem 80-jährigen Francois Carrard in gewohnter Manier einen Reformer geholt, der Sepp Blatter eigentlich ganz cool findet. Klingt sympatisch. Was noch? Ach ja: Fußball in den USA ist für ihn „Schulmädchensport“. Michael Ashelm hat bei faz.net ein paar nette Anekdoten zu Carrard gesammelt.

Dabei ist für Aufklärung eigentlich höchste Eile geboten: Nächsten Montag kommt die ehrgeizige US-Justizministerin Loretta Lynch nach Zürich, um den greisen Jungs vom Fifa-Berg den Ernst der Lage zu erläutern. Das bisherige Klientel von Lynch: Mafiosi, Terroristen und korrupte Polizisten. Riecht nach dem Fifa-Kaliber. Auch hier tippe ich auf ziemlich viel Wirbel nächste Woche.

6. Ich mag es, wenn sich Wirtschaftsjournalisten dem Fußball widmen. Oft entstehen dabei spannende Einblicke, zu denen Sportjournalisten wegen verpasster BWL-Vorlesungen keinen Zugang finden. Besonders der deutsche Big Player auf dem Global Football Market, der FC Bayern aus Munich, lohnt fast immer eine in-depth-analysis, die dieser Artikel aus dem Manager Magazin leider nicht ganz leisten kann. Viel aufgewärmtes, aber auch einiges interessantes ist dabei, weil fast die komplette Bayern-Führungsriege ihre Key-Points (kritikfrei) erläutern darf und damit das economic future target des Klubs klarer wird. Bayern München muss zum Global Player werden, lautet nach sechs langen Seiten das Fazit von Simon Hage und Wolfgang Hirn.

7. Das im Fußball nicht alle zu Rampenlicht-Profis werden können, ist klar. Einer, dem aber fast alle Türen dahin offen standen, war Sebastian Glasner. Stets war er aber einen Tick zu spät, resümiert Thomas Gröbner in der SZ anhand einiger trauriger und fein beobachteter Details. Nun spielt Glasner mit ernüchtertem Blick auf das Profigeschäft bei der SpVgg Bayreuth in der Regionalliga.

8. Neues von der Taktiktafel: Der Blog „Eiserne Ketten“ wird künftig die Spiele aus Berlin-Köpenick sezieren, filetieren und prämieren. In der ersten Analyse wird mit dem entlassenen Union-Coach Norbert Düwel abgerechnet, dessen Konzept trotz einjähriger Eingewöhnung und einem relativ gutem Kader nicht funktionierte. Egal: UNVEU!

9. Hingegen hervorragend scheint der Schweizer Marcel Koller mit dem österreichischen Nationalteam zu harmonieren. Am Dienstag tütete sein Team die Fahrt zur EM nach Frankreich ein, Spielverlagerung.de präsentiert ein Portrait der Koller-Mannschaft, das auch über die gewohnten taktischen Aspekte hinausgeht.

10. Kurz doch noch ein Rückblick auf die Nationalmannschaften: Neben den zweifelhaften Mexiko-Gesängen der deutschen Fans beim Länderspiel in Glasgow vernahm ich auch den „Ohne Holland“-Klassiker. Tatsächlich wird es für die Niederländer jetzt sehr schwer, sich noch für die EM zu qualifizieren. Bene Nießen hat für die Vice aber schon eine Alternative für unsere Nachbarn gefunden. Die Holländer werden einfach zu Belgiern. Die sind erfolgreicher und werden wohl in Frankreich dabei sein. Nationalhymne lernen, Trikot tauschen, Heinken mit Leffe ersetzen und Zack! Biste Belgier. Godverdomme!

11. Collinas Erben kennt ihr ja vermutlich. Der Guardian in England hat die Idee, Zuschauer in die Rolle des Schiedsrichters schlüpfen zu lassen, konsequent weiter geführt. Bei „You are the ref“ muss der Leser anhand von gezeichneten Comics knifflige Regelfragen lösen, der Premier-League-Oberschiedsrichter Keith Hackett erläutert anschließend den richtigen Pfiff. Anschaulich, schwierig und garniert mit einem Schuss brittischem Humor: eine runde Sache. (Entdeckt haben wir das bei den Stehplatzhelden. Sources und so.)

Meist geklickter Link gestern
Ah, schön zu sehen, das euch Fußballromantiker alarmierende Nachrichten zur 50+1-Regel am meisten interessiert. Der FC Poppe Blog hatte beschrieben, wie die Regel zunehmend aufgeweicht wird.

Field Reporter

»They are groups of doctors, professors, lawyers who fight it out with each other. So, there is a lot of identity politics involved. If you put sports into popular culture, football is the most popular expression of popular culture. There is nothing that competes with it: no other sport, not arts, painting, theatre, literature etc. Roughly 5% of the world’s population is in one way or another professionally involved in football.«

James M. Dorsey, ein ausgewiesener Experte des Nahen und Mittleren Ostens und der dortigen Fan-und Fußballkultur, spricht in einem langen Interview über ägyptische Ultras, die Politisierung von Fußballfans und den politischen Wandel in der gesamten Region.

Hatten wir das schon hier? Egal. Die große Frage, die sich mir nun stellt: Welche Mannschaft gibt sich den schluchzenden Chris Martin vor einem Spiel? Fix you!

Geburtstagskind des Tages

Wer hat heute Geburtstag? Einfach in die Kommentare posten! (Auflösung von gestern: Aki Riihilahti wurde 39.)

Mixed Zone
Hamburg: Uwe Seeler macht sich Sorgen.  + + + Kann aufsteigen, aber auch nicht: Dynamo Dresden (Fußball in Sachsen) +++ Wayne Rooney muss in der Kabine der Nationalmannschaft seiner Familie danken. (u.a. Sport1) +++ Flüchtlinge 1: Portos Aufruf, pro Ticket beim ersten CL-Heimspiel einen Euro zu spenden, war erfolgreich. Alle machen mit. (Kicker) +++ Flüchtlinge 2: Aber reicht das? (11freunde) +++ Flüchtlinge 3: St. Pauli und der BVB setzen in einem Testspiel ein Zeichen, immerhin. Nur Taten helfen, sagt Tuchel. (Spiegel Online) +++ Die nächste Attraktion in München? Kingsley Coman wird heute offiziell vorgestellt (Kicker) +++ Respektlevel beim Gegner: Unendlich. Ein Mixed-Martial-Arts-Kämpfer zockt in der Hessenliga (11freunde) +++ +++Werbung an: Die beiden herrvoragenen Fußballmagazine aus England, 8by8mag und The Blizzard, sind gerade druckfrisch erschienen. Leg ich euch ans Herz. Werbung aus.+++

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