ZEIT ONLINE: Verteidigungsminister de Maizière sagt, er habe über den Flurfunk von den Problemen bei der Bundeswehr-Drohne Euro Hawk gehört. Der "geordnete Geschäftsbetrieb eines jeden Ministeriums" fände aber "bestimmt nicht auf dem Flur statt." Das klingt nicht gerade nach einer professionellen Kommunikation innerhalb eines wichtigen Bundesministeriums. Wem schadet er mit dieser Aussage mehr – dem Verteidigungsministerium oder sich selbst?

Klaus Kocks: Er schadet sich selbst. Er sollte wissen, dass man diesem Ministerium und der Rüstungsindustrie nicht trauen kann. Die Unterscheidung zwischen Entscheidungsvorlage und Flurfunk ist eine, die man vielleicht einer Sekretärin zubilligen kann, aber nicht dem Minister. Das ist einfach eine dumme Ausrede.

ZEIT ONLINE: Es sieht so aus, als suche er die Schuld beim Apparat. Wie kommt das im Ministerium an?

Kocks: Ob seine eigenen Mitarbeiter ihn lieben oder nicht, ist völlig belanglos. Er muss sie kontrollieren. Der gesamte Apparat des Verteidigungsministeriums behandelt die politische Führung mit einer strukturellen Arroganz. Politiker sind dort die Idioten, die kommen und gehen, aber nicht die wirklichen Vorgesetzten. Das Primat der Politik ist in diesem Ministerium nicht durchgesetzt und de Maizière hat es durch strukturelle Maßnahmen weiter geschwächt. Wir haben es nicht in erster Linie mit einem Kommunikationsproblem zu tun, sondern mit einem wirklichen Führungsproblem. Sein Rücktritt ist völlig unausweichlich.

ZEIT ONLINE: In der Bundespressekonferenz am Montag sagte der Minister: "Ich bin nicht besonders ungründlich." Was sagt so ein Satz in so einer Situation aus?

Kocks: Er will die Tugenden des preußischen Beamten unter Beweis stellen. Damit unterschätzt er, dass das Problem ein fundamental politisches ist und kein bürokratisches. Er hat in der Sache versagt, und zwar grundsätzlich. Es geht um seine Autorität und die Frage, wie man sich gegen die Bürokraten und gegen die Rüstungsindustrie durchsetzt. Stattdessen beruft er sich darauf, immer schön artig und fleißig gewesen zu sein, gründlich eben. Der Mann versagt intellektuell, strategisch. Das kann man nicht mit Taktik heilen.

ZEIT ONLINE: Was sagt so ein Satz über die Krisenkommunikation aus?

Kocks: Nicht die Krisenkommunikation ist das Problem, sondern das Problem liegt viel weiter vorher und hat mit der inneren Struktur eines solchen Ministeriums zu tun, der Art und Weise, wie man es führt und wie man die Politik gegen die Rüstungsindustrie stellt.

ZEIT ONLINE: Welche Krisenkommunikation hätten Sie de Maizière geraten?

Kocks: Ich hätte das Ministerium anders geführt. Wenn Sie das Kind grob fahrlässig in den Brunnen haben fallen lassen, ist es egal, was sie anschließend erzählen. Er war nicht tolpatschig. Das Problem ist größer und grundsätzlich.

ZEIT ONLINE: Welches Bild haben Sie von Thomas de Maizière?

Kocks: Das eines protestantischen Preußen, der glaubt, dass Dinge, die ablauftechnisch ordentlich erledigt sind, damit auch gut sind. Intellektuell überfordert und bürokratisch versiert. Es reicht nicht. Es reicht nicht zum Ministerposten, es reicht schon gar nicht zum Kanzler. Dafür hat er sich ja handeln lassen. Noch ein Guttenberg.