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Schadensersatz nach Pornostream Werden Youporn-User nun abgemahnt?

Millionen Menschen schauen täglich urheberrechtlich geschützte Pornos auf Plattformen wie Youporn. Bislang ist das eine Grauzone. Nun hat eine Kanzlei erstmals eine Abmahnung verschickt.
Von Christoph Fröhlich

Die Jagd auf Raubkopierer ist ein lukratives Geschäft: Dutzende Kanzleien konzentrieren sich seit Jahren auf Abmahnungen von Urheberrechtsverletzungen, egal ob es sich um Videospiele, das letzte Album der Lieblingsband oder den neuen Brad-Pitt-Film handelt. Zwar hat sich längst herumgesprochen, dass Tauschbörsen zur Beschaffung von Software und Filmen keine gute Idee sind, doch noch immer bekommen Zigtausende Post von Abmahnkanzleien. Mehr als 4,3 Millionen Deutsche haben bereits solche Schreiben erhalten, wie eine Untersuchung des Bundesverbanes der Verbraucherzentralen zeigt. Ein Millionengeschäft, vor allem für die Kanzleien.

Nun könnte es auch Fans von Schmuddelfilmchen treffen, die kostenlose Plattformen wie Youporn oder Redtube nutzen. Wie der Mainzer Rechtsanwalt Karsten Gulden berichtet, hat die Regensburger Anwaltskanzlei Urmann & Collegen (U+C), einer der Big Player im Erotikfilm-Abmahngeschäft, erstmals in Deutschland Abmahnbriefe verschickt. Darin wird dem Empfänger vorgeworfen, einen Pornofilm auf der Streaming-Plattform "Redtube.com" verbotenerweise abgerufen zu haben.

Streitfall Streaming

Aktiv wurde die Regensburger Kanzlei im Auftrag der The Archive AG. In dem Abmahnschreiben, das stern.de vorliegt, heißt es: "Gegenstand unserer Beauftragung ist eine von Ihrem Internetanschluss aus begangene Urheberrechtsverletzung […] Unserer Mandantin steht das ausschließliche Recht zu, dieses Werk zu vervielfältigen. Dieses Recht wurde durch das Streamen des betreffenden Werkes über Ihren Internetanschluss verletzt."

Rechtsanwalt Gulden, der einige Abgemahnte vertritt, hält das Schreiben in mehrfacher Hinsicht für angreifbar. So sei grundsätzlich fraglich, ob beim Abrufen eines Streams überhaupt eine Urheberrechtsverletzung vorliegt. Zwar wird dabei eine digitale Kopie des Films im Arbeitsspeicher des Computers zwischengespeichert, ein Laie hat aber überhaupt keinen Zugriff auf die Datei.

Zudem gebe es eine Vielzahl von Streaming-Angeboten im Internet, viele davon werden auch legal betrieben, sodass es für den Nutzer nicht immer offensichtlich sei, ob das Portal rechtswidrig ist und ob er eine Urheberrechtsverletzung begangen hat. Außerdem besage Paragraph 44 des Urheberrechtsgesetzes, dass vorübergehende Vervielfältigungshandlungen erlaubt sind, wenn sie zwangsläufig mit der technischen Nutzung des Portals verbunden wären.

1080,50 Euro für einen Pornoabruf

Der Streitwert dieser Abmahnung beläuft sich auf 1080,50 Euro. Er setzt sich wie folgt zusammen: Der Unterlassungsanspruch, der nach dem neuen Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken für Abmahnungen im privaten Bereich festgelegt wurde, beläuft sich auf die Maximalsumme von 1000 Euro. Der Schadensersatz liegt in Höhe von 80,50 Euro. Er umfasst die entstandenen Kosten der Ermittlung und eine Lizenzgebühr in Höhe von 15,50 Euro. Daraus errechnet sich die geforderte Summe von 250 Euro, die bis kommende Woche bezahlt werden soll.

Wie die Rechteinhaber an die IP-Adresse der Abgemahnten gelangt sind, ist derzeit noch unklar. Die Kanzlei U+C, die im vergangenen Jahr mit dem geplanten Pornopranger für Aufsehen sorgte, hat auf eine Anfrage von stern.de nicht reagiert.

Droht nun eine Abmahnflut?

Das Verschicken eines Abmahnbriefs wegen des Abrufs eines Streams ist ein Novum in Deutschland. Große Chancen sieht Gulden für die Abmahnkanzlei aber nicht: "Wir halten es für sehr wahrscheinlich, dass gegen derartige Abmahnungen erfolgreich vorgegangen werden kann. Daher können wir niemandem, der eine solche Abmahnung erhalten hat, raten, die Unterlassungserklärung zu unterschreiben oder eine Zahlung vorzunehmen."

Dass nun weitere Kanzleien auf den Zug aufspringen werden, bezweifelt Gulden. "Wenn es allerdings zu einer gerichtlichen Klärung der noch offenen Fragen kommt, die für die Rechteinhaber eine günstige Rechtslage schaffen würden, kann es durchaus sein, dass viele Abmahnkanzleien diesem Beispiel folgen", sagt Gulden stern.de.

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